Polizei : Newsletter Nr. 172, März 2014

 1)   EU-Außengrenzen sichern
 2)   Facebook als Datenschatz für die Soziologie
 3)   Neuer Web-Auftritt des DJI
 4)   BGH lehnt Strafverschärfung bei Angriff auf Polizeibeamte ab
 5)   Änderung des Mord-Paragraphen
 6)   Deutschland im Pressefreiheitsranking auf Platz 14
 7)   Die Deutschen und die Sicherheit – Gesellschaftliche Konstruktionen
 8)   Der Einfluss der Peer-Group auf kriminelles Verhalten
 8)   Täter, die sich für Opfer halten
 9)   Wie organisatorische und persönliche Praktiken in der Polizei ändern?
10)  Racial Profiling
11)  Zusammenhang von Viktimisierung, Verbrechensfurcht und kollektiven Stimmungen
12)  Glück und Verbrechensfurcht: Zusammenhänge und Abhängigkeiten
13)  Streit um Zahlen zur Zuwanderung in Hessen
14)  Neoliberale Studierende täuschen eher
15)  Dokumentation polizeilicher Vernehmungen durch Video- und Tonbandaufnahmen
16)  Buchbesprechung: Sehnsuchtsstädte
 
1) EU-Außengrenzen sichern
Unter dem Titel „Das Management der EU-Außengrenzen stärken“ steht der Bericht der Europäischen Kommission vom 4.12.2013 über Maßnahmen, um künftige Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer zu verhindern, in der englischen Originalfassung auf der Website der „Blätter“ zur Verfügung: http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/dokumente/%C2%BBdas-management-der-eu-aussengrenzen-staerken%C2%AB.
 
 
2) Facebook als Datenschatz für die Soziologie
Cameron Marlow gilt als der Haussoziologe von Facebook, der gewaltige Datenschatz des sozialen Netzwerks stellt sein Forschungsmaterial dar. In einem Artikel erzählt er über seine Arbeit und von der Anatomie der heutigen Facebook-Gesellschaft bis hin zu Stalking-Angriffen auf ihn und sein Team. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/was-ein-forscher-mit-facebooks-datenschatz-anstellt-a-934893.html.
 
 
3) Neuer Web-Auftritt des DJI
Neuer Webauftritt: Übersichtlich, informativ und vielseitig präsentiert sich das Deutsche Jugendinstitut den Lesern – eine Fundgrube auch für Polizeibeamte, Polizeiwissenschaftler und Kriminologen: http://www.dji.de.
 
 
4) BGH lehnt Strafverschärfung bei Angriff auf Polizeibeamte ab
Nach dem Angriff eines Demonstranten auf Polizeibeamte hat der BGH u.a. die strafschärfende Erwägung, dass die Angriffshandlung sich gegen „Repräsentanten des Staates“ richtete, als bedenklich bezeichnet. Zudem könne man kaum annehmen, dass Gewalttätigkeiten gegen Polizeibeamte eine größere Schuld als gegen andere Personen verwirklichen. Die strafschärfende Erwägung, dass die Geschädigten dem Angeklagten "keinerlei Anlass" gegeben hätten, da sie ihn unter Einsatz unmittelbaren Zwangs wegdrängten, sei ebenfalls rechtsfehlerhaft. http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/13/2-119-13.php
 
 
5) Änderung des Mord-Paragraphen
In der letzten Ausgabe des PNL berichteten wir über die Diskussion über eine notwendige Änderung des Mord-Paragraphen im Strafgesetzbuch, der noch aus der Zeit des Nationalsozialismus stammt. Jetzt geht Bundesjustizminister Heiko Maas die Überarbeitung des Paragraphen an – es gebe gesetzgeberischen Regelungsbedarf. Siehe http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-02/heiko-maas-mord-reform
 
 
6) Deutschland im Pressefreiheitsranking auf Platz 14
In der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ konnte sich Deutschland zwar leicht verbessern, schafft es aber nach wie vor nicht unter die Top Ten, sondern rangiert auf Platz 14 und damit u.a. hinter Neuseeland, Estland oder Tschechien. Besorgniserregend: die USA fielen um 13 Plätze auf Rang 46, Großbritannien landet auf dem 33. Platz. http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-02/pressefreiheit-reporter-ohne-grenzen-ranking
 
 
7) Die Deutschen und die Sicherheit – Gesellschaftliche Konstruktionen
Unter diesem Titel fand im November 2013 ein Workshop des Forschungsforums öffentliche Sicherheit in Berlin statt. Die Beiträge stehen jetzt auf der Website des Forums zur Verfügung: http://www.sicherheit-forschung.de/workshops/workshop_9/index.html. Ansehenswert insbesondere der Beitrag von Regina Ammicht Quinn aus Tübingen zu den Deutschen und „ihrer“ Sicherheit: http://www.sicherheit-forschung.de/workshops/workshop_9/vortraege_ws_9/folien_ammichtquinn.pdf?1392024137
 
 
8) Der Einfluss der Peer-Group auf kriminelles Verhalten
Die Tatsache, dass die Kriminalität von Jugendlichen ganz wesentlich durch und von der Gruppe der Gleichaltrigen ausgeht, in der sich der Täter bewegt, ist nicht neu. Hintergrund ist die „Theorie des sozialen Lernens“. In einer aktuellen Studie hat H. Beier von der Universität Mannheim nun am Beispiel von Diebstahlsdelikten aufgezeigt, dass die Taten kontext-bezogen sind: „Peers’ self-reported theft in any context is related to adolescents’ self-reported theft in the same context but, with one exception, not to adolescents’ theft in other contexts”. Quelle: Beier, Harald (2014): Peer effects in offending behaviour across contexts: Disentangling selection, opportunity and learning processes. European Journal of Criminology, 11, 1, S. 73-90
 
 
8) Täter, die sich für Opfer halten
Jeder Satz ist scharf wie ein Messer: Thomas Fischer, Vorsitzender des zweiten Strafsenats am BGH, schreibt in einem Artikel der ZEIT über Steuersünder – und über die Frage der Vereinbarkeit einer Regel, wonach ein Straftäter nachträglich die Strafbarkeit seiner Tat beseitigen kann, mit dem deutschen Strafrechtssystem. http://www.zeit.de/2014/07/steuersuender-steuerhinterziehung-selbstanzeige, Kurzfassung und Einordnung unter http://www.strafakte.de/nachrichten/thomas-fischer-ueber-taeter-die-sich-fuer-opfer-halten/
 
 
9) Wie organisatorische und persönliche Praktiken in der Polizei ändern?
Eine neue Studie von Ben Bradford u.a. zeigt, dass organisatorische Gerechtigkeit (organisational justice) die Identifikation des Einzelnen mit der Polizeiorganisation wie auch die Übernahme neuer Aufgaben in dieser fördert, auch die Ausbildung neuer Sichweisen auf das „community policing“ und eine größere Identifikation mit der Organisation und deren Werten ausbildet. Allgemein zum Thema „organisational justice“: http://www.mbsportal.bl.uk/secure/subjareas/hrmemplyrelat/ies/netpap/114129mp73.pdf, Quelle der genannten Studie: Ben Bradford u.a.: Why do ‘the law’ comply? Procedural justice, group identification and officer motivation in police organizations. In: European Journal of Criminology, 11, 1, S. 110 – 131.
 
 
10) Racial Profiling
Gleich mehrere Beiträge beschäftigen sich in dem Heft 104 (Dezember 2013) der Zeitschrift „Bürgerrechte und Polizei“ mit dem Thema Racial Profiling, sh. http://www.cilip.de/ausgabe/i-104.htm. Der Beitrag von Rainer Busch „Institutionalisierter Rassismus – nicht nur bei Kontrollen“ ist auch auf der Website verfügbar. Wichtig auch der Beitrag von Jobard und Lévy zur Situation in Frankreich in diesem Heft.
 
 
11) Zusammenhang von Viktimisierung, Verbrechensfurcht und kollektiven Stimmungen
In einer empirischen Studie beschäftigen sich die Autoren mit den Auswirkungen bestimmter Straftaten (hier v.a. sog. School Schootings) auf die Verbrechensfurcht und auf den Zusammenhalt und die Solidarität in der Gesellschaft. Quelle: James Hawdon u.a.: Social responses to collective crime: Assessing the relationship between crime-related fears and collective sentiments. In: European Journal of Criminology, 11, 2014, 1, S. 39-56, http://euc.sagepub.com/content/early/2013/05/31/1477370813485516.abstract.
 
 
12) Glück und Verbrechensfurcht: Zusammenhänge und Abhängigkeiten
Mit der Frage, ob und wie sich individuell empfundenes Glück und Viktimisierung sowie Verbrechensfurcht zueinander verhalten, beschäftigen sich die Schweizer Autoren um Martin Killias. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass das Alter, der Zeitpunkt der Viktimisierung sowie die Art und Weise der Lebensgestaltung eine große Rolle spielen. Zum Beispiel zeigen sie, dass vollendete Einbrüche (im Gegensatz zu vielen anderen Straftaten) keinen Einfluss auf das allgemeine Lebensgefühl haben. Quelle: Silvia Staubli u.a.: Happiness and victimization. An empirical study for Switzerland. In: European Journal of Criminology, 11, 2014, 1, S. 57-72, http://uc.sagepub.com/content/11/1/57.abstract.
 
 
13) Streit um Zahlen zur Zuwanderung in Hessen
Unter dem Titel „Hessischer Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft schürt Ängste vor Zuwanderung: Eine wissenschaftliche Perspektive“ haben Wissenschaftler der Universität Marburg auf ungewöhnliche Weise auf die Behauptungen und Zahlen der DPolG geantwortet. Nach Auffassung der Wissenschaftler stellt der Vorsitzende des Landesverbandes Hessen der DPolG Behauptungen auf, ohne diese durch objektivierbare und nachvollziehbare Daten zu belegen. Das Dokument steht unter http://www.uni-marburg.de/fb04/team-wagner/aktuelles/dpolg.pdf zur Verfügung.
 
 
14) Neoliberale Studierende täuschen eher
Betrogen wir heutzutage unentwegt, auch an (Polizei-)Hochschulen. In einer internationalen Studie konnten Wissenschaftler jetzt nachweisen, dass sich Betrugsverhalten nur bedingt mit individuellen Faktoren erklären lässt. Vielmehr verursacht das neoliberale System die Probleme: Studierende, die solche Grundeinstellungen aufwiesen und neoliberale Maxime unterstützen, sind eher bereit, abzuschreiben oder zu täuschen. Quelle: Caroline Pulfrey and Fabrizio Butera: Why Neoliberal Values of Self-Enhancement Lead to Cheating in Higher Education: A Motivational Account. In: Psychological Science November 2013, 24, S. 2153-2162, doi: 10.1177/0956797613487221
 
 
15) Dokumentation polizeilicher Vernehmungen durch Video- und Tonbandaufnahmen
Die Initiative bayerischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger fordert eine Verbesserung der Dokumentation polizeilicher Vernehmungen durch Video- oder zumindest Tonbandaufnahmen. Siehe insgesamt die Aktivitäten der Initiative unter http://www.strafverteidiger-bayern.de/index.php?idcatside=5, die o.g. Forderung http://www.strafverteidiger-bayern.de/media/pdf/StN-Ini-Dok.pol.Vern.-30.01.14.pdf
 
 
16) Buchbesprechung: Sehnsuchtsstädte
Der Zusammenhang der Parameter Raum und Kriminalität steht in zunehmendem Interesse der Polizei(forscher) und auch der Kriminologen. Thomas Feltes bespricht den Band „Sehnsuchtsstädte. Auf der Suche nach lebenswerten urbanen Räumen“, öffnet die Frage, ob Wohnen als präventiver Faktor vielleicht ein neues Forschungsfeld sein könne und zeigt, dass auch bekannte Städte wie Jerusalem oder Rio de Janeiro dabei in einem spannenden, neuen Licht erscheinen können. http://www.polizei-newsletter.de/books/2014_Staedte_Feltes.pdf.