Polizei : Newsletter Nr. 282, Februar 2024

 1)   Buchbesprechungen im Buch-Blog des Polizei-Newsletters
 2)   Orte des Wohnungseinbruchdiebstahls in Düsseldorf
 3)   Erneuter Anstieg der Polizeigewalt im Jahr 2023
 4)   Weniger Todesfälle von Polizeibeamten in den USA
 5)   Digitale Rasterfahndungen
 6)   Gründung „Center for interdisciplinary Crime Studies“ an der Universität Siegen
 7)   Interview mit David Weisburd
 8)   Gewalt gegen Polizeibeschäftigte – ein Projekt aus 2013
 9)   Cybermonitor Deutschland
10)  Ketamin – Chancen und Risiken
11)  Bodycam-Aufnahmen in New York für Ermittlungen gegen Polizeibeamte freigegeben
12)  Rückwirkende Gesichtserkennung durch die Polizei
13)  Datenbank zu polizeilichem Fehlverhalten in den USA
14)  Lagebedingter Erstickungstod und „Exited delirium“
15)  Rapid Video Response bei häuslicher Gewalt
16)  Vernehmung, wie sie nicht sein sollte
 
1) Buchbesprechungen im Buch-Blog des Polizei-Newsletters
In den vergangenen Wochen sind gleich mehrere Besprechungen von polizeiwissenschaftlich und/oder kriminalistisch relevanten Veröffentlichungen (z.B. zum kriminalistischen Denken oder zur Kontrolle der Polizei) im Buch-Blog des Polizei-Newsletter erschienen. Es lohnt sich also, dort mal reinzuschauen: https://polizei-newsletter.de/wordpress/?cat=1
 
 
2) Orte des Wohnungseinbruchdiebstahls in Düsseldorf
Die „Criminology of Place“ beschäftigt sich mit der Frage, warum Kriminalität an bestimmten Orten auftritt und versucht unter anderem mögliche Risiko- und Schutzfaktoren für die Prävention von Kriminalität zu identifizieren. Internationale Studien zeigen in diesem Zusammenhang in der Regel, dass 50 Prozent der Kriminalität in etwa vier bis fünf Prozent der Straßenabschnitte (Mikrosegmente) stattfindet. Diese Studie untersucht dies in Bezug auf die räumliche Konzentration und zeitliche Stabilität des Wohnungseinbruchdiebstahls in Düsseldorf. Hierbei zeigt sich, dass der Wohnungseinbruchdiebstahl auch hier räumlich sehr konzentriert auftritt und diese Konzentration im zeitlichen Verlauf äußerst stabil bleibt. https://www.kriminologie.de/index.php/krimoj/article/view/279
 
 
3) Erneuter Anstieg der Polizeigewalt im Jahr 2023
Die USA haben im vergangenen Jahr einen weiteren traurigen Rekord aufgestellt, da die Zahl der von der Polizei getöteten Menschen weiter anstieg. Im Jahr 2023 tötete die Polizei mehr als 1.300 Menschen und es gab nur 14 Tage ohne einen Polizistenmord, und im Durchschnitt töteten Polizeibeamte alle 6,6 Stunden einen Menschen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1069
 
 
4) Weniger Todesfälle von Polizeibeamten in den USA
2023 starben in den USA 136 Polizeibeamte, 39 % weniger als im Jahr zuvor. 47 Beamte wurden durch Schüsse, 37 durch Verkehrsunfälle und 52 durch "andere Ursachen" wie medizinische Ereignisse, Flugzeugabstürze und andere Formen von Gewalt getötet. Insgesamt ist der Rückgang der Todesfälle auf einen Rückgang der Todesfälle durch COVID-19 zurückzuführen, dem 70 Beamte im Jahr 2022 und fünf im Jahr 2023 zum Opfer fielen. Auch die Todesfälle durch Schusswaffen gingen dem Bericht zufolge im Jahr 2023 um 25 % zurück. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1070
 
 
5) Digitale Rasterfahndungen
In den USA wird zunehmend die Praxis der Suchdaten-Abfrage bei Google kritisiert. Die Verwendung dieser Daten für strafrechtliche Ermittlungen durch die Polizei nehme landesweit zu. Bürgerrechtler warnen, dass die Ermittlungstechnik gefährlich weit gefasst ist und Verletzungen der Datenschutzrechte unschuldiger Menschen nach sich ziehen könne. Durchsuchungsbefehle nach Schlüsselwörtern sind digitale Rasterfahndungen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1071
 
 
6) Gründung „Center for interdisciplinary Crime Studies“ an der Universität Siegen
Bei der Neugründung dieses kriminologischen Forschungszentrums handelt sich um einen Zusammenschluss von Forschenden, die Kriminalität und ihre Bearbeitung aus einer bewusst interdisziplinären Perspektive beforschen, insbesondere in rechts-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Zugängen. https://www.uni-siegen.de/bak/crimestudies/
 
 
7) Interview mit David Weisburd
Jerry Ratcliffe hat den israelisch-amerikanischen Kriminologen und Polizeiforscher interviewt. Dabei geht es nicht nur um seine wesentlichen Forschungen (z.B. zu hot spot policing) und aktuelle Trends in der Polizeiforschung, sondern auch um seine persönliche Entwicklung. https://on.soundcloud.com/HtHi1
 
 
8) Gewalt gegen Polizeibeschäftigte – ein Projekt aus 2013
Dieses Projekt war in 2011 gestartet und vom Hessischen Innenministerium gefördert worden. Es war vom Institut für Kriminologie in Tübingen in Kooperation mit der damals noch existierenden "Kriminalistisch-kriminologischen Forschungsstelle" (KKFoSt) der Hessischen Polizei durchgeführt, die organisatorisch an das LKA angeknüpft war und irgendwann später ohne Begründung geschlossen wurde. Die im Jahr 2013 eingelieferte Original-Fassung des Projekt-Abschlussberichts steht hier zur Verfügung (Danke an Hans-Jürgen Kerner): http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1072
 
 
9) Cybermonitor Deutschland
Die Ergebnisse einer Dunkelfeldstudie („Cybersicherheitsmonitor“) zeigen, dass Nutzer vor allem Maßnahmen zur Sicherung eigener Accounts ergreifen. Die höchste Wichtigkeit wird von den Befragten der Sicherheit beim Online-Banking beigemessen, dem folgen die Sicherheit bei Anwendungen zu E-Mail-Kommunikation, Onlineshopping und Kommunikation per Messenger. Die von Cyberkriminalität Betroffenen berichten am häufigsten von Betrug beim Online-Shopping (34 %) Fremdzugriff auf einen Online-Account (28 %) sowie dem Einschleusen von Schadsoftware wie Viren oder Trojanern (25 %). https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/gefahren-im-internet/cymon/
 
 
10) Ketamin – Chancen und Risiken
Die Bundesgesundheitsbehörden in den USA nehmen das Medikament Ketamin zur Behandlung psychischer Störungen verstärkt unter die Lupe, da die bewusstseinsverändernde Substanz trotz fehlender Zulassung immer beliebter wird. Die Autopsie des Schauspielers Matthew Perry ergab, dass eine hohe Ketamin-Dosis zu seinem Tod führte, und zwei Notfall-Sanitäter wurden verurteilt, weil sie Ketamin einsetzten. Ketamin wird seit Jahrzehnten als Narkosemittel in Krankenhäusern und als illegale Clubdroge verwendet. In den letzten Jahren hat es sich als vielversprechendes Mittel zur Behandlung von Depressionen erwiesen, wenn herkömmliche Antidepressiva versagt haben. Die rasche Ausbreitung von Ketamin hat eine Debatte unter den Anbietern von Ketamin ausgelöst, die das Medikament als wichtiges Mittel zur Bekämpfung psychischer Erkrankungen ansehen, sich aber nicht einig sind, wie es eingesetzt werden soll. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1073
 
 
11) Bodycam-Aufnahmen in New York für Ermittlungen gegen Polizeibeamte freigegeben
Die New Yorker Polizei hat bisher Aufnahmen von Bodycams bei polizeilichen Erschießungen dem Civilian Complaint Review Board, das mit der Untersuchung von polizeilichem Fehlverhalten in New York City beauftragt ist, vorenthalten. Diese Praxis wurde jetzt aufgegeben und die Aufnahmen werden auch dann bereitgestellt, wenn noch interne Ermittlungen laufen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1074
 
 
12) Rückwirkende Gesichtserkennung durch die Polizei
Die retrospektive Gesichtserkennung (RFR) (also die Auswertung bereits vorhandener Unterlagen anhand von Gesichtserkennungsprogrammen) stellt eine Veränderung der polizeilichen Überwachungsmöglichkeiten dar, die bisher wenig Beachtung gefunden hat. Ein Beitrag beschäftigt sich mit der durch RFR ermöglichten Überwachungsmöglichkeit und untersucht die mit RFR verbundenen Menschenrechtsverletzungen. Zudem werden andere Fragen wie die Notwendigkeit behandelt. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1075
 
 
13) Datenbank zu polizeilichem Fehlverhalten in den USA
Das Justizministerium der USA hat eine National Law Enforcement Accountability Database (NLEAD) eingerichtet, eine zentrale Datenbank mit offiziellen Aufzeichnungen, die Fälle von Fehlverhalten sowie Auszeichnungen für Polizeibeamte der Bundespolizei dokumentieren. Die NLEAD soll dabei helfen, die Eignung und Befähigung von Bewerbern für Positionen in der Strafverfolgung zu ermitteln. Das Bureau of Justice Statistics (BJS) wird zudem jährlich einen öffentlichen Bericht mit aggregierten und anonymisierten Daten veröffentlichen, um Transparenz herzustellen und der Rechenschaftspflicht nachzukommen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1076
 
 
14) Lagebedingter Erstickungstod und „Exited delirium“
Als „exited delirium“ wurde in den USA immer wieder die Ursache für Todesfälle nach Taser-Einsatz oder anderen polizeilichen Zwangsmaßnahmen bezeichnet. Allerdings ergab eine Untersuchung in Großbritannien aus dem Jahr 2020, dass die Diagnose nicht verwendet werden darf, da sie auch in einigen Fällen angewendet wurde, in denen der lagebedingte Erstickungstod (Positionsasphyxie) oder Trauma angemessener gewesen wären. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1077
 
 
15) Rapid Video Response bei häuslicher Gewalt
In Großbritannien wurde schon vor einige Zeit in mehreren Polizeibezirken die sog. „Rapid Video Response“ (RVR) eingeführt. Dabei werden in Fällen, in denen Missbrauchsverdächtige oder -opfer den Tatort bereits verlassen haben und die Opfer ihr Einverständnis gegeben haben, ihre polizeiliche Antwort nicht persönlich, sondern über digitale Medien zu bekommen, über Video angerufen. Eine randomisierte Studie zeigt, dass die Reaktion mit RVR auf Anrufe wegen häuslicher Gewalt im Durchschnitt deutlich schnell war als die durchschnittliche Zeit für den Einsatz eines Polizeifahrzeugs. RVR führte zu einer deutlich höheren Opferzufriedenheit bei weiblichen IPV-Opfern. Die Festnahmeraten für Verdächtige waren in der RVR-Gruppe höher und Vertrauen und Zuversicht in die Polizei verbesserten sich stärker. Die RVR wird daher in immer mehr Bezirken als Standardangebot für Opfer häuslicher Gewalt eingeführt. https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s41887-022-00075-w?pdf=openurl
 
 
16) Vernehmung, wie sie nicht sein sollte
Ein Video, das als "Pflichtlektüre für jeden Polizisten und jeden Jugendbeamten" bezeichnet wird, zeigt Polizisten in einem Vorort von Chicago, die einen 15-Jährigen zu einem Geständnis über eine Schießerei zwingen, die er nicht begangen hat. Ein Lokaler Sender erstellte ein Transkript und analysierte die vier kritischen Fehler des Verhörs in einer Reihe von Videoausschnitten. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1078