Polizei : Newsletter Nr. 45, Oktober 2002

 1)   Schlechtere Schiessleistungen bei Polizistinnen wegen falscher Waffen
 2)   Das Bild der Polizei in Tageszeitungen
 3)   Wegweisungen nach Gewalt in der Familie nehmen in Österreich zu
 4)   EU-Forschungs- und Förderprogramme
 5)   Verbesserte Straßenbeleuchtung reduziert Kriminalität
 6)   Kriminalitätsprävention durch CCTV: nur geringe Auswirkungen
 7)   Miet-Gefangene zum Ausrichten von Partys
 8)   Null Toleranz macht Schulen unsicher
 9)   Studien des Wissenschaftszentrums Berlin
10)  Task Force gegen Korruption in NRW
11)  Kooperation von Jugendhilfe und Polizei
12)  Videospiele und aggressives Verhalten
13)  Empirische Studie zur Skinhead-Bewegung
14)  Neues Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung (IPOS)
15)  Studie zur Lebensqualität in Heimen
 
1) Schlechtere Schiessleistungen bei Polizistinnen wegen falscher Waffen
Weibliche Polizisten haben auch nach gleichen Schiesstraining wie ihre männlichen Kollegen signifikant schlechtere Ergebnisse. Ursache dafür ist nach einer Studie aus den USA die geringere Handkraft der Frauen. Nützlich sind demnach Waffen, die zur niedrigeren Handkraft und zur besonderen Handform von Frauen passen. Quelle: M.T. Charles, A.G. Copay: Markmanship skills of female police recruits: Impact of basic firearm training. In: International Journal of Police Science and Management, 3, 4, 2001, S. 303-308.
 
 
2) Das Bild der Polizei in Tageszeitungen
Im Jahr 1998 wurden insgesamt 2.577 Artikel die das Thema Polizei behandelten aus FAZ, SZ, Bild und taz dahingehend untersucht, wie diese Zeitungen die Polizei und ihre Arbeit in ihren Artikeln darstellt. Dabei wurde von der Behauptung ausgegangen, dass die Medien grundsätzlich negativ über die Polizei berichten. Anhand von Stilmitteln, Länge und Platzierung der Artikel sollte diese These überprüft werden. Als Ergebnis dieser Untersuchung ist festzuhalten, dass das vermittelte Bild der Polizei insgesamt als neutral zu bezeichnen ist, mit sehr geringer positiver Tendenz. Dabei ist die Berichterstattung der Bild-Zeitung positiver als die der anderen drei Zeitungen. Damit ist die These von der schlechten Presse nicht mehr haltbar. Quelle: Kriminalistik 06/2002, S. 366 – 371.
 
 
3) Wegweisungen nach Gewalt in der Familie nehmen in Österreich zu
Das 10-tägige Rückkehrverbot für gewalttätige Ehemänner, das 1997 durch Bundesgesetz in Österreich zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt eingeführt und Modell auch für deutsche Regelungen ist, hat sich bewährt. Bis Ende 2001 wurde in insgesamt 13.835 Fällen dieses Verbot mit sofortiger Wirkung ausgesprochen – siebenmal täglich. Das Gericht kann das Rückkehrverbot auf 3 Monate ausdehnen, in Scheidungsfällen bis zum Ende des Verfahrens. Trotzdem suchen immer mehr und immer jüngere Frauen inzwischen in Frauenhäusern und Interventionsstellen Hilfe, und die Zahl der Wegweisungen steigt. Erklärt wird dies mit einer besseren Schulung der Polizeibeamten, häufigerer Anwendung des Gesetzes und grösser werdender Bekanntheit der Interventionsstellen. Dennoch gibt s auch hier ein auffallend4es Stadt-Land-Gefälle. Quelle: Der Standard (Österreich) 31.7.2002; weitere Infos unter www.bmi.gv.at und www.frauenhelpline.at . Eine umfangreiche Informationssammlung aus Deutschland zu Gewaltschutz und häuslicher Gewalt mit vielen links und online-Dokumenten ist unter folgender Adresse des Väteraufbruch für Kinder e.V. abrufbar: http://www.vafk.de/Gewaltschutz.
 
 
4) EU-Forschungs- und Förderprogramme
Gute Übersichten und links zu den diversen EU-Förderprogrammen (interessant z.B. für Fachhochschulen und Universitäten) finden sich auf folgenden Seiten: http://www.uni-kassel.de/wiss_tr/europa/ (Uni Kassel), http://www.uni-kassel.de/wiss_tr/fundinfo.ghk (elektronische Netzdienste Europa und USA), http://www.ruhr-uni-bochum.de/bif/EU-funding.htm (Uni Bochum), http://www.ttz.uni-magdeburg.de/forschung/europa.htm (Uni Magdeburg; Übersicht über wichtige Forschungsförderer in Europa – von EU bis NATO) und schliesslich http://europa.eu.int/index_de.htm (EU-online). Der Rat der Europäischen Union hat am 22. Juli 2002 ein neues Rahmenprogramm für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (AGIS) beschlossen und dies am 01. August 2002 im Amtsblatt (Beschluss L 203/5) veröffentlicht. Damit sollen die bisherigen Programme der EU (Grotius II Strafrecht, STOP II, OISIN II, Hippokrates und Falcone) abgelöst werden. Das Programm erstreckt sich auf einen Zeitraum vom 01. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2007. Projekte mit einer Dauer von maximal zwei Jahren können kofinanziert werden, wenn Partner aus drei Mitgliedstaaten oder zwei Mitgliedstaaten und einem Bewerberland, die im Programm genannten Ziele verfolgen. Den Text des Beschlusses finden Sie unter: http://www.europa.eu.int/eur-lex/de/dat/2002/l_203/l_20320020801de00050008.pdf (Quelle: DFK-Newsletter).
 
 
5) Verbesserte Straßenbeleuchtung reduziert Kriminalität
Eine Nachuntersuchung ergab, dass verbesserte Straßenbeleuchtung zu einer um 20% geringeren Kriminalitätsrate in den untersuchten Gebieten gegenüber Kontrollgegenden führte. In zwei Studien zeigte sich, dass die Einsparungen durch verminderte Kriminalität die erhöhten Ausgaben für bessere Beleuchtung bei weitem übertrafen. Da nächtliche Verbrechen nicht stärker zurückgingen als Verbrechen während des Tagesverlaufs, scheint die Theorie, die einen Zusammenhang zwischen verbesserter Straßenbeleuchtung und höherem Selbstbewusstsein des Ortes sieht, plausibler als die andere, die sich auf verbesserte Überwachung stützt. Quelle: D. Farrington, B. Welsh: Improved Street Lighting and Crime Prevention. In: Justice Quarterly 19, 2, 2002, S. 313-342. Überblick über weitere Studien: Home Office Research Study 251 - Effects of improved street lighting on crime: a systematic review. http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs2/hors251.pdf
 
 
6) Kriminalitätsprävention durch CCTV: nur geringe Auswirkungen
Eine systematische Übersicht über Kriminalitätsprävention mit Hilfe von CCTV bietet eine 68 Seiten starke Dokumentation des British Home Office: Home Office Research Study 252 - Crime prevention effects of closed circuit television: a systematic review. http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs2/hors252.pdf Die Ergebnisse bieten ein klareres Bild hinsichtlich der Präventionswirkung von CCTV. Aus 18 Auswertungen ließ sich der Schluss ziehen, dass CCTV einen signifikant günstigen Effekt auf die Kriminalitätsrate hatte, obwohl die  Kriminalitätsverminderung insgesamt nur bescheidene 4% betrug. Außerdem stellte sich heraus, dass CCTV keine Auswirkungen auf Gewaltverbrechen hatte, aber einen signifikanten Effekt auf Fahrzeugkriminalität. In der Innenstadt und in Wohngegenden führte CCTV zu einer zu vernachlässigenden  Kriminalitätsprävention; für den öffentlichen Nahverkehr zeigten sich unterschiedliche Ergebnisse (manche Studien zeigten Auswirkungen, andere nicht); auf Parkplätzen reduzierte sich die Kriminalitätsrate um signifikante 41%. Alles in allem ist der Schluss zulässig, dass CCTV nur wenig zur Kriminalitätsverminderung beiträgt. Auch ein Aufsatz aus Deutschland untersucht, differenziert nach den Kriterien der Kriminalprävention, der Repression und der Kriminalitätsfurcht, die Wirkungen der Kameraüberwachung im öffentlichen Raum und zieht aus unabhängigen britischen Evaluationsstudien Schlüsse für die deutsche Anwendungspraxis. Quelle: H.E. Müller, Zur Kriminologie der Videoüberwachung. In: MSchrKrim 85, 1, 02, S.33 ff. Weitere (z.T. kritische) links zu dem Thema: Aktuelle Kamera: Bremer Projekt gegen Videoüberwachung www.aktuelle-kamera.de; Chaos Circuit Television. Ein Projekt des Chaos Computer Clubs Köln www.koeln.ccc.de/projekte/cctv/; Offenes Auge. Wider die Überwachung von öffentlichen Räumen www.kapsobor.de/auge/; Bundesweites Projekt gegen Videoüberwachung www.stop1984.com/index2.php; Surveillance Camera Players. Completely distrustful of all governments www.notbored.org/the-scp.html; Englische Bürgerrechtsorganisation zum Thema Überwachung (Verleiht den Big Brother Award) www.privacyinternational.org/

Englische Seite gegen Überwachung www.spy.org.uk/cgi-bin/spy.pl

Quelle: http://www.jura.tu-dresden.de/ls/ls_hefen/content/service/links.php
 
 
7) Miet-Gefangene zum Ausrichten von Partys
Schon immer haben Gefängnisse ihre Produkte wie Holzspielzeug, Möbel oder anderes verkauft – jetzt geht das Land Niedersachen neue Wege: Insassen der Jugendstrafanstalt Göttingen können als Arbeitskräfte, aber auch zum Ausrichten von Partys angeheuert werden: www.jva-shop.de ; unter www.knast.net findet sich z.B. eine am 5-Sterne-system der Hotels orientierte Bewertung der deutschen Gefängnisse durch Gefangene, Besucher und Bedienstete sowie reichhaltige Materialien zum Thema Strafvollzug und ein umfangreiches Archiv.
 
 
8) Null Toleranz macht Schulen unsicher
Die jüngste Forschung hat nachgewiesen, dass Schulen, die sog. „Null-Tolerenz-Strategien“ anwenden, in Wirklichkeit weniger werden als andere. Eine Sammlung von insgesamt 20 Beiträgen beschäftigt sich mit diesen Ergebnissen und warnt vor eine „Militarisierung“ der Schulen. Dargestellt wird auch, wie diese Strategien der Kriminalisierung und der allgemeinen Furcht vor Jugendlichen Vorschub leisten. Quelle: W. Ayers, B. Dohrn, R. Ayers (eds.) : Zero tolerance : Resisting the drive for punishment in our schools. New York (New Press) 2001 (263 p.)
 
 
9) Studien des Wissenschaftszentrums Berlin
Das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) veröffentlicht in unregelmässigen Abständen Studien, die auch von kriminologisch-polizeiwissenschaftlichem Interesse sind. Zuletzt z.B. eine Studie über Gewalt und Heranwachsen in städtischen Räumen, die sich mit den Gesundheitsfolgen von städtischer Gewalt insbesondere für Jugendliche beschäftigt (in Englisch veröffentlicht: Susanne Jordan, Violence and Adolescence in Urban Settings: A Public Health Approach (WZB P01-207). Zum internationalen Mädchenhandel ist eine äussert spannende, auch historisch ausgerichtete 95-seitige Biographie von Dietmar Jazbinsek erschienen (auf Deutsch; WZB FS II 02-501). Mit „Korruption in Bewerberländern zur Europäischen Union“ beschäftigt sich eine Studie von Jan Delhey (WZB FS III 02-401). Die genannten Studien können (unter Angabe der o.gen. Bestellnummer) gegen eine 56 cent (0,56 Euro) Briefmarke pro Arbeitspapier bestellt werden bei: Wissenschaftszentrum Berlin, Pressestelle, Reichpietschufer 50, D-10785 Berlin. Besteller aus dem Ausland werden gebeten, für jedes bestellte Arbeitspapier einen „Coupon-Réponse International“ beizufügen. Das WZB gibt auch vierteljährlich die „WZB-Mitteilungen“ heraus, die kostenlos über die Pressestelle des WZB bestellt werden können presse@wz-berlin.de . Die "WZB-Forschung" kann  als pdf-Datei online bezogen werden. Schicken Sie dazu eine Email mit der Textzeile "subscribe wzb-forschung" an: maiser@medea.wz-berlin.de. Sie werden dann automatisch in die Verteilerliste aufgenommen und erhalten dreimal jährlich die aktuelle Ausgabe zugesandt.
 
 
10) Task Force gegen Korruption in NRW
Mit einem eigenen Untersuchungsstab im Innenministerium bekämpft Nordrhein-Westfalen ab August 2002 Korruption. Das Expertenteam besteht aus drei Staatsanwälten, vier Polizeibeamten, drei Preisprüfern und zwei Steuerfahndern. Die Task Force ist Anlaufstelle für vertraulich Hinweise auf Korruption. Erst wenn diese sich bestätigen, werden Staatsanwaltschaft und Polizei eingeschaltet. Von den bis Mitte August 2002 eingegangenen 130 Hinweisen beziehen sich 65 auf den Bau von Müllverbrennungsanlagen. Untersuchungsstab.antikorruption@im.nrw.de www.im.nrw.de/korruptionsbekämpfung
 
 
11) Kooperation von Jugendhilfe und Polizei
Mit der (in der Vergangenheit immer kritisch betrachteten) Zusammenarbeit zwischen Sozialarbeit und Polizei beschäftigt sich ein (eher theoretisch orientierter) Beitrag von Holger Ziegler, der insbesondere die neueren kriminalpräventiven Aktivitäten und ordnungspolitische Entwicklungen thematisiert. Quelle: Holger Ziegler, Crimefighters United – Zur Kooperation von Jugendhilfe und Polizei. In: Neue Praxis 6, 2001, S. 538-556
 
 
12) Videospiele und aggressives Verhalten
Zwei Studien der Universität Missouri in den USA konnten einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Konsum von aggressiven Videospielen und aggressivem Verhalten und Delinquenz feststellen. Quelle: C.A. Anderson, K.E. Dill, Video Games and Aggressive Thoughts, Feelings, and Behavior in the Laboratory and in Life. In: Journal of Personality and Social Psychology 78, 4, 2000, S.772-790; online verfügbar unter

http://www.apa.org/journals/psp/psp784772.html . Ein anregender Beitrag von Klaus Merten, Professor für Kommunikation an der Uni Münster zum Thema “Gewalt und Medien” findet sich unter http://www.forschung-und-lehre.de/archiv/07-02/index.html
 
 
13) Empirische Studie zur Skinhead-Bewegung
Gewalttätige Skins scheinen einer Studie der Uni Lausanne zufolge unter entshaften psychischen Störungen zu leiden. Nach dieser Studie (n=295) muss einer von fünf skins als „sehr gewalttätig“ bezeichnet werden. Die untersuchte Gruppe teilte sich dabei auf in rassistische aber nicht anderweitig delinquente Skins (32%), fremdgefährliche Skins (Gewalttäter und Brandstifter; 36%) und nicht-rassistisch und nicht fremdgefährliche Skins (32%). Quelle: R. Vignando, H. Haas, Die Skinhead Bewegung: Eine empirische Studie. Crimiscope 15, 2001.
 
 
14) Neues Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung (IPOS)
Im Fachbereich Polizei der Hochschule für öffentliche Verwaltung Bremen wurde Ende 2001 ein „Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung – IPOS“ gegründet. Das Institut soll in Forschung, Entwicklung und deren Umsetzung in Lehre und Weiterbildung einen anwendungsbezogenen Beitrag leisten. Mitglieder des Instituts sind an der Hochschule Tätige Dozenten sowie Externe. Quelle: Amtsblatt der Freien und Hansestadt Bremen vom 4. März 2002 (Danke an E. Dahle).
 
 
15) Studie zur Lebensqualität in Heimen
Annegret Wigger und Sylvia Lustig haben unter dem Titel „Ist Lebensqualität in Heimen messbar?“ eine qualitative Studie zu Kinder- und Jugendeinrichtungen im Schweizer Kanton St. Gallen vorgelegt. Dabei geht es vor allem um „Alltagsrealitäten“ und ihre unterschiedliche Wahrnehmung, wobei die Organisationskultur der Einrichtungen in das Zentrum der Beobachtungen gestellt wird. Die instruktive Studie kann zum Preis von 18,50 Euro bezogen werden bei der Edition Soziothek in Bern: www.soziothek.ch