Nr. 83, Februar 2006
 
10) Zusammenhänge zwischen biologischen Faktoren und Delinquenz
Trotz mancher Fortschritte im Verständnis der biologischen Grundlagen menschlichen Verhaltens bleiben die populärsten Delinquenztheorien auf Aspekte des sozialen Lernens sowie von sozialen und Umwelteinflüssen beschränkt. Alle diese ausschließlich auf die Umwelt fixierten Theorien haben große Mühe zu erklären, weshalb neurologische, hormonale und andere biologische Prozesse mit Kriminalität zusammenhängen, obwohl die Belege für solche Einflüsse stark zugenommen haben. Der Artikel stellt eine Theorie vor, die biologischen und Umwelteinflüssen Rechnung trägt und erklärt, weshalb Geschlecht, Alter und sozialer Status mit Delinquenz korrelieren. Ausgangspunkt ist die These, dass männliche Geschlecht­shormone über ihre Wirkungen auf das menschliche Gehirn die Wahr­scheinlichkeit von Wettstreit- und/oder viktimisierenden Verhaltensweisen erhöhen. Solches Verhalten kann man sich als Kontinuum vorstellen, von brutalen bis zu sehr differenzierten Verhaltensweisen. Männer mit hoher Lern- und Planungsfähigkeit dürften sehr bald nach der Pubertät nicht-kriminelle Methoden des Wettstreits (oder der Viktimisierung anderer) vorziehen. Die Theorie postuliert somit, dass schwerwiegende Kriminalität gehäuft unter jugendlichen Männern aus unteren Schichten auftritt. Source: Lee Ellis, A Theory Explaining Biological Correlates of Criminality. In: European Journal of Criminology 2, 3, 2005, S.287-315