Nr. 87, Juni 2006
 
11) Gefühlte Glaubhaftigkeit – Studie zur Bedeutung der wahrgenommenen Emotionalität in Aussagen für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit
Bei der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes von (Zeugen-)Aussagen unterliegen sowohl naive als auch geschulte Beurteiler verschiedenen Beurteilungstendenzen. So werden z.B. emotional präsentierte Aussagen sowie Aussagen hohen emotionalen Gehalts mit größerer Wahrscheinlichkeit für wahr gehalten. Diese als „Emotional Truth Bias“ bezeichnete Beurteilungstendenz wurde in einer Studie des Instituts für Psychologie der Universität Kiel untersucht. Hierzu beurteilten Versuchspersonen Videoaufzeichnungen von wahren und falschen Aussagen hinsichtlich der Variablen „Ausmaß der Emotionalität des Aussagenden“, „Sympathie für den Aussagenden“ und „Interessantheit der Aussage“. Zudem sollten die Versuchspersonen angeben, ob sie die jeweiligen Aussagen für wahr oder falsch hielten. Die Ergebnisse der Studie sprechen dafür, dass die wahrgenommene Emotionalität einer Aussage tatsächlich die Einschätzung der Glaubhaftigkeit beeinflusst. Insbesondere bei wenig Interesse für die Aussage und wenig Sympathie für den Aussagenden führte eine hohe Emotionalität im Vergleich zu einer niedrigen mit größerer Wahrscheinlichkeit dazu, dass die Aussage als wahr beurteilt wurde. Quelle: Kerstin Panthey, Frank Eggert und Thomas Bliesener, Gefühlte Glaubhaftigkeit: Der Emotional Truth Bias. In: Polizei & Wissenschaft, 1, 2006, S.2-10.