Nr. 72, Februar 2005
 
4) Rechtsverletzungen durch Polizeibeamte bei Durchsuchungen
Eine der seltenen empirischen Studien mit teilnehmender Beobachtung wurde von Jon Gould und Stephen Mastrofski in einer (ungenannten) amerikanischen mittleren Großstadt durchgeführt. Gould und Mastrofski begleiteten mit ihren Studierenden über drei Monate hinweg Polizeibeamte in dieser Stadt und beobachteten sie bei 571 Begegnungen mit verdächtigen Personen. In 148 Fällen fand eine Durchsuchung (von Personen oder Sachen) statt. Diese Durchsuchungen dokumentierten die Forscher und bewerteten anschließend mit juristischer Hilfe das Vorgehen. Nahezu ein dritten der Durchsuchungen wurden so als rechtlich unzulässig oder unzureichend eingestuft. Hochgerechnet auf alle Durchsuchungen in dieser Stadt bedeutet dies jährlich etwa 12.000 bis 14.000 unrechtmäßige Durchsuchungen bzw. sechs bis sieben auf 100.000 Einwohner. Ein weiteres, überraschendes Ergebnis: Nur 16% der Polizeibeamten waren für 70% der unrechtmäßigen Durchsuchungen verantwortlich, wobei diese Beamten besonders den Grundgedanken des „Community Policing“ unterstützten und keiner dieser Beamten als verärgert, zynisch oder desillusioniert eingestuft wurde. Im Gegenteil: Es handelte sich um allseits beliebte und akzeptierte Beamte. Damit wurde die oft vertretene These widerlegt, dass es sich bei Polizeibeamten, die Rechtsverletzungen begehen, um ebensolche frustrierten, desillusionierten und aggressiven Beamte handelt (die sog. „rotten apples“). Quelle: Jon B. Gould, Stephen D. Mastrofski: Suspect Searches: Assessing Police Behavior under the U.S. Constitution. In: Criminology and Public Policy 3, 3, 2004, S. 315-362