Nr. 81, Dezember 2005
 
17) Migranten in Organisationen von Recht und Sicherheit
So heißt ein Forschungsprojekt des ISIP Hamburg. Das von der deutschen Volkswagen-Stiftung geförderte Projekt befasst sich mit der Frage nach der "kulturellen Elastizität" der Polizei, und zwar konkretisiert am Beispiel  der Aufnahmefähigkeit von Migranten in die Polizei. Die Studiengruppe untersucht einerseits die bisherigen Strategien, Begründungen und Erfolge der Integration und fragt andererseits nach Möglichkeiten der Intensivierung solcher Integration, und zwar nicht allein aus polizeistrategisch-instrumentellen, sondern aus integrationstheoretischen und integrationspolitischen Begründungen heraus. Dem liegt die Annahme zurunde, dass die Tätigkeit von Personen mit Migrationshintergrund in einer zentralen staatlichen Institution nicht nur positive Wirkungen auf die Integration der übrigen migrantischen Bevölkerung entfaltet, sondern angesichts des demographischen Wandels der deutschen Bevölkerung in den nächsten 25m Jahren auch zum zentralen Personalthema der Polizei avancieren wird. Methodisch weicht das Projekt etwas von den üblichen empirischen Forschungszugängen ab: Im Zentrum des Projekts stehen  sog. "Praktikerkonferenzen". In ihnen bilden Polizeibeamte und Mitglieder der Forschungsgruppe eine "multiprofessionelle Expertengruppe" und gleichzeitig eine unterschiedliche sozialisierte Kommunikationsgemeinschaft. Das Organisationswissen und die Erfahrung von Funktionsträgern in der Polizei (Einstellungsberater, Beamte mit Migrationshintergrund und solche in Einsatz- und Leitungsverantwortung) trifft in etwa zwölf Konferenzen auf das (feldunspezifische) Theorie- und Methodenwissen der Forschungsgruppe. Dieser Teil des Projekts bewegt sich eher auf der Ebene der hermeneutischen Prozess- und Interaktionsforschung als auf der einer klassischen sozialwissenschaftliche Datenproduktion. Die Erfahrungen anderer europäischer Staaten werden in drei länderübergreifenden Wissenschaftskolloquien (good practice-Konferenzen) ausgetauscht, und zwar mit Polizeiforschern aus Deutschland, Belgien, Großbritannien und Holland. Außerdem beteiligt sind die Mitglieder der Praktikerkonferenzen. Die Fragestellung tangiert politische und soziologische Interessen gleichermaßen, wenn man z.B. so unterschiedliche Integrationsansätze wie Assimilations- und Multikulturalitätskonzept vergleicht. Auch die Analyse der Organisationskultur der Polizei wird vor dem Hintergrund des Umgangs mit "Fremden" bereichert. Kontakte und sonstige Anregungen über rafael.behr@web.de oder isip@uni-hamburg.de