Nr. 113, November 2008
 
7) Schreckt Gefängnis doch ab?
Gemeinhin gehen wir davon aus, dass uns die USA in Bezug auf kriminalpräventive Einsichten und entsprechende empirische Ergebnisse um Meilen voraus sind. Dass dies nicht immer der Fall ist zeigt eine Studie von David Weisburd u.a., die sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Geldstrafe eher bezahlt wird, wenn eine Gefängnisstrafe als „Drohung“ bei Nichtbezahlung im Hintergrund steht. Im Ergebnis zeigen die Autoren, dass dies der Fall ist und nennen dieses Ergebnis das Wunder der Zellen („miracle of the cells“). Deutlich interessanter als dieses Ergebnis ist jedoch die methodische Vorgehensweise: Weisburd u.a. haben ein experimentelles Design genutzt, das sehr selten in kriminologischen Studien angewendet wird. Dazu wurde durch Zufallszuweisung eine Gruppe von Tätern, die zu einer Geldstrafe verurteilt wurden, einem Projekt zugewiesen, das bei Nichtzahlung der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe vorsah; die andere Gruppe wurde lediglich zu einer Geldstrafe (ohne Androhung einer Freiheitsstrafe) verurteilt. Offensichtlich, so die Autoren, „wirkt“ also die Drohung mit einer Gefängnisstrafe. Allerdings – und dieser Kommentar sei erlaubt – wird man daraus nicht unbedingt auf die allgemein abschreckende Wirkung von Freiheitsstrafen oder eine Bestätigung der „Rational-Choice-Theorie“ schließen dürfen. Denn hier handelt es sich um bereits gefasste Täter, für die die Drohung mit Gefängnis bei Nichtzahlung der Geldstrafe sehr konkret war. Ob sich aber ein Täter, der seine Tat erst plant (also noch nicht erwischt und überführt ist) von einer Gefängnisstrafe abschrecken lässt, ist eine andere Frage. Quelle: D. Weisburd, T. Einat, M. Kowalski: The Miracle of the Cells: An Experimental Study of Interventions to Increase Payment of Court-Ordered Financial Obligations. In: Criminology & Public Policy 7, (1), 9- 36. http://www.ingentaconnect.com/content/bsc/cpp/2008/00000007/00000001/art00003