Polizei : Newsletter Nr. 108, Mai 2008

 1)   Schlechte Erfahrungen mit der Polizei: Trotzdem soll sie mehr Präsenz zeigen
 2)   Hamburger Master
 3)   Daten zum Strafvollzug in Europa
 4)   Der Einfluss von Werten und Moral auf das Vertrauen in die Polizeiarbeit
 5)   Polizei und Muslime im Dialog - Neues Medienpaket richtet sich an Migranten
 6)   Rollentausch: Die drei Phasen des Polizeibewerbers
 7)   Checklisten für sicheres Wohnen
 8)   Umfragen im Internet – kostenlos
 9)   Online-Dienst informiert per Mail über Straftaten
10)  Mobbing bei Schülerinnen und Schülern
11)  Gefahren weltweit – grafisch dargestellt
12)  „Risky Facilities“ verstehen
13)  Kriminalität und Strafjustiz - Eurostat
14)  WODC Webseite English online
15)  Einsatz polizeilicher Zwangsgewalt – lagebedingter Erstickungstod
16)  Wirkt die Drohung einer Abschiebung abschreckend?
 
1) Schlechte Erfahrungen mit der Polizei: Trotzdem soll sie mehr Präsenz zeigen
Schlechte Erfahrungen mit der Polizei führen nicht zwangsläufig zur Anwendung informel¬ler Mittel bei der Verbrechensbekämpfung. Dies ist das Ergebnis einer Studie unter Ju¬gendlichen in kriminalitätsbelasteten US-Städten. Trotz oftmals negativer Erfahrung mit der Polizeiarbeit fordern die interviewten Jugendlichen, dass hoher Kriminalitätsbelastung mit stärkerer polizeilicher Präsenz begegnet wird. Daran anknüpfend untersuchen die Forscher, wie Kriminalitätsbekämpfung innerhalb der jugendlichen Subkultur, bspsw. mit Hilfe kommunaler Polizeiarbeit, gelingen kann. Quelle: Carr, P. J.; Napolitano, L.; Keating, J., We Never Call The Cops And Here is Why: A Qualitative Examination of Legal Cynism in Three Philadelphia Neighborhoods, in: Criminology 45 (2), 445-480
 
 
2) Hamburger Master
Das Institut für Kriminologische Sozialforschung bietet zum Wintersemester 008/2009 – nunmehr im zweiten Durchgang - den weiterbildenden Masterstudiengang Kriminologie an. Der Bewerbungsschluss ist der 1. Juli 2008. Bewerbungsunterlagen sowie weitere Informationen und die jeweils aktuellen Veröffentlichungen (Prüfungs-/ Zulassungsordnung, Modulbeschreibung) befinden sich auf unserer Homepage: http://www.kriminologie.uni-hamburg.de/wbmaster/ .
 
 
3) Daten zum Strafvollzug in Europa
Pierre Tournier, der unter anderem für den Europarat (SPACE) Daten zum Strafvollzug bzw. zum Uhaft-Vollzug in Europa sammelt und analysiert und außerden am European Sourcebook on Crime and Criminal Justice Statistics mitarbeitet, hat ein rund 130seitiges Wörterbuch zu den wichtigsten Fragen der (auch vergleichenden) Beurteilung von Gefangenenzahlen und Gefangenenraten, z.B. auch zur Frage der Überbelegung, erarbeitet. Quelle: Pour les questions méthodologiques posées par l’analyse de la densité carcérale, on pourra se reporter à : Tournier P.V, Dictionnaire de démographie pénale. Des outils pour arpenter le champ pénal. Université Paris 1. Panthéon Sorbonne, Centre d’histoire sociale du XXe siècle, données actualisées au 1er mai 2007, 133 pages. Ouvrage mis ligne sur http:// histoire-sociale.univ-paris1.fr/cherche/Tournier/ARPENTER-OUVRAGE.pdf Über den Europarat in Straßburg sind darüber hinaus die Daten des SPACE-Programms auf Englisch und Französisch, zum Stand von 2006, zu erhalten: Conseil de l’Europe, Statistique pénale annuelle du Conseil de l’Europe / Council of Europe Annual Penal Statistics, SPACE I, enquête 2006, PC-CP (2007)9rev2, 1er décembre 2007, 79 pages (préparé par Marcelo F. Aebi et Natalia Delgrande, Université de Lausanne). Die URL verlinkt auch auf frühere statistische Berichte zum Strafvollzug und zum Untersuchungshaftvollzug: http://www.coe.int/T/E/Legal_affairs/Legal_co-operation/Prisons_and_alternatives/Statistics_SPACE_I/List_Space_I.asp (Danke an Hans-Jürgen Kerner)
 
 
4) Der Einfluss von Werten und Moral auf das Vertrauen in die Polizeiarbeit
Im Rahmen einer britischen Studie wurde untersucht, welche soziologischen Prozesse der Vertrauensbildung in die Polizeiarbeit zugrunde liegen. Demnach bemessen Bürger ihr Vertrauen in die Polizeiarbeit nicht aufgrund konkreter Kriminalitätsraten. Vielmehr ist es der Eindruck von Werten und Moral innerhalb des Gemeinwesens, der ausschlaggebend ist für das Vertrauen in die Arbeit der Polizei. Will man auf Grundlage dieser Erkenntnisse das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Polizei stärken, muss berücksichtigt werden, dass auch die Polizei selbst bestimmte Moralvorstellungen und Werte verkörpert, aufgrund der¬er das gesellschaftliche Meinungsbild entsteht. Quelle: Jackson, J.; Sunshine, J. (2007), Public confidence in policing: A neo-Durkheimian perspective, in: British Journal of Crimino¬logy, 47 (2), 213-233.
 
 
5) Polizei und Muslime im Dialog - Neues Medienpaket richtet sich an Migranten
Mehr als drei Millionen Muslime leben in Deutschland, doch längst nicht jeder von ihnen weiß, welche Aufgaben und Zuständigkeiten die Polizei hierzulande hat. Aus diesem Grund hat die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes die Initiative "Ihre Polizei - Im Dienst für die Menschen" gestartet, mit der sie über ihre Rolle und Aufgaben informiert und um Vertrauen wirbt. Zentraler Baustein der Initiative ist ein Medienpaket mit einem Kurzfilm und einer Broschüre in drei Sprachen - Deutsch, Türkisch und Arabisch, sowie einem Klappkalender, der die gesetzlichen und einige wichtige islamische Feiertage des Jahres 2008 enthält. Pressemitteilung zum Medienpaket "Ihre Polizei - Im Dienst für die Menschen": http://www.polizei-beratung.de/presse/pressemitteilungen/2007/ihre_polizei_im_dienst_fuer_die_menschen_/ Der Film kann im Internet angeschaut werden unter: http://www.polizei-beratung.de/aktionen/polizei_muslime/ihre_polizei_film/ . Quelle: Journalisten-Newsletter der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes 2, 2008
 
 
6) Rollentausch: Die drei Phasen des Polizeibewerbers
Wie sich der Einzelne innerhalb des Bewerbungsverfahrens zum Polizeiberuf entwickelt, ist Ausgangsfrage einer US-Studie. Der Autor unterscheidet dabei drei Phasen des Polizeibewerbers: In den ersten zwei Phasen nimmt der Bewerber die Rolle der “Zivilperson” und des “Wettbewerbers” ein, der darauf hofft, im Bewerbungsprozess aufzusteigen. Ein Aus¬scheiden zerstört die Erwartungen des Rekruten und wird als Scheitern erlebt. Die letzte Phase zeichnet sich durch Bewerber aus, die sich in einer erwartungsfrohen Haltung befinden und auf das vorausschauen, was sie als zukünftiger Polizist erwartet. Indem der Rekrut seinem Ziel – der Einstellung – immer näher kommt, kann sich seine Wahrnehmung ändern: Er läuft Gefahr, den Polizeiberuf ausschließlich mit Macht und Autorität zu assoziieren und dabei außer acht zu lassen, dass der Beruf auch durch Unterordnung und Verwundbarkeit geprägt ist. Quelle: Conti, Norman, Role Call: Preprofessional Socialization into Police Culture, in: Policing and Society 16 (3), 221-242
 
 
7) Checklisten für sicheres Wohnen
Die Stadt Zürich hat – wie viele anderen Städte inzwischen auch – eine Broschüre herausgegeben, in der Checklisten für das Planen, Projektieren, Bauen und Unterhalten von Wohnbauten, Bahnhöfen, Straßen, Plätzen, Parkhäusern u.a. enthalten sind. Die sehr anschauliche Broschüre ist im Internet verfügbar. Direkter link: http://www.stadt-zuerich.ch/internet/taz/home/fachwissen_und_formulare/checklisten_und_Broschueren.ParagraphContainerList.ParagraphContainer0.ParagraphList.0001.File.pdf/checkliste_sicherheit_im_oeffentlichen_raum.pdf oder unter http://www.stadt-zuerich.ch – suchen – „Mehr Sicherheit im öffentlichen Raum“.
 
 
8) Umfragen im Internet – kostenlos
Bei „SurveyMonkey“ kann jeder kostenlos Unmfragen „basteln“ und über individuelle links an Teilnehmer versenden: http://www.surveymonkey.com/Home_Landing.aspx .
 
 
9) Online-Dienst informiert per Mail über Straftaten
Im US-Bundesstaat Utah ist vor kurzem mit CrimeReports.com ein Internetportal gestartet, das es Nutzern erlaubt, Verbrechensberichte in der Nachbarschaft per E-Mail abzufragen. Neben dem Mail-Benachrichtigungsservice bietet die Seite auch die Möglichkeit, Tatorte aus Polizeiberichten auszulesen und auf einer Landkarte geografisch exakt darzustellen. Im Service-Angebot der Plattform findet sich zusätzlich zu einer genauen Beschreibung der Verbrechensart auch eine Liste mit Wohnadressen und Fotos von registrierten Sexualstraftätern. Das CrimeReports-Portal wurde bereits im vergangenen Jahr in den USA gestartet. Die auf der Seite angebotenen Serviceleistungen sind für alle Bürger kostenlos verfügbar. Finanziell stützt sich die Plattform hauptsächlich auf Einkünfte von Polizeibehörden. Diese zahlen im Schnitt 100 bis 200 Dollar pro Monat dafür, dass CrimeReports die entsprechenden Informationen aus dem internen Polizeisystem extrahiert und online stellt. Auch rund 40 US-Strafverfolgungsbehörden gehören zu den Kunden der Seite. http://derstandard.at/?url=/?id=3212065 bzw. http://crimereports.com/
 
 
10) Mobbing bei Schülerinnen und Schülern
Das Zentrum für empirische pädagogische Forschung (zepf) der Universität Koblenz-Landau hat eine empirische Untersuchung zum Thema Mobbing bei Schülerinnen und Schülern der BRD auf der Grundlage einer Online-Befragung durchgeführt. Diese kann unter http://www.zepf.uni-landau.de (PDF, 859,56 kB) heruntergeladen werden. Ebenso eine jeweils hierzu erfolgte Erkundungsstudie aus Sicht der Lehrer (hier, 497,08 kB) bzw. aus Sicht der Eltern (hier, 590,05kB). Quelle: Newsletter Nr. 25 des Projektbüros Kommunale Kriminalprävention (Innenministerium Baden-Württemberg)
 
 
11) Gefahren weltweit – grafisch dargestellt
Wenn man den folgenden link anklickt bekommt man eine interaktive „Global Incident Map“ angezeigt. Dort ist aufgeführt, wo es aktuell weltweit kritische oder gefährliche Aktivitäten gibt. Wenn man auf die einzelnen Icons in der Karte klickt bekommt man weitere Informationen zu dem jeweiligen Krisenherd http://www.globalincidentmap.com/home.php.
 
 
12) „Risky Facilities“ verstehen
In jeder großen Stadt verursacht eine Handvoll Kneipen der Polizei weitaus mehr Ärger als alle anderen zusammen. Das gilt auch für viele andere Arten von Einrichtungen, z.B. Schulen, Verbrauchermärkte und Parkplätze. In jedem Fall verursachen einige wenige weit mehr Kriminalität, Unordnung und Rufe nach polizeilicher Hilfe als der Rest der Gruppe zusammen. Dieses Phänomen – genannt “risky facilities” (Risiko-Einrichtungen) – hat wichtige Auswirkungen für viele problem-orientierte Policing-Projekte. Insbesondere kann es der Polizei helfen, ihre Energien dort zu fokussieren, wo sie am stärksten gebraucht wird, und bei der Auswahl der passenden Präventivmaßnahmen. Dieses Handbuch dient als Einführung zu „risky facilities“ und zeigt, wie das Konzept problem-orientierte Policing-Bemühungen unterstützen kann, indem es Antworten auf die folgenden Schlüsselfragen gibt: Was sind „risky facilities“? Wie weit verbreitet sind sie? Wie unterscheidet sich das Konzept der „risky facilities“ von „hot spots“ und Mehrfach-Viktimisierung? Wie kann das Konzept der „risky facilities“ problem-orientierte Policing-Bemühungen unterstützen? Wie kann Risiko abgeschätzt werden? Wie wird die Risikokonzentration innerhalb der Einrichtungen berechnet? Warum ist das Risiko unterschiedlich? Wie werden Risikofaktoren einer bestimmten Gruppe von Einrichtungen identifiziert? Wie kann Risiko vermindert werden? Quelle: Ron Clark, John Eck: Understanding Risky Facilities. http://www.cops.usdoj.gov/files/ric/CDROMs/POP1_60/Problem-Solving_Tools/UnderstandingRiskyFacilities.pdf
 
 
13) Kriminalität und Strafjustiz - Eurostat
Die vorliegende statistische Veröffentlichung präsentiert auf kurzem Raum die ersten Ergebnisse einer Datensammlung in den europäischen Ländern für die Zeitspanne 1995 – 2002. Zu den behandelten Themenbereichen gehören die angezeigten Verbrechen (Verbrechen insgesamt, Tötungsdelikte, Gewaltverbrechen, Raubüberfälle, Wohnungseinbrüche, Autodiebstahl und Drogenhandel), Zahl der Gefängnisinsassen und die Anzahl der Polizisten. Den angezeigten Verbrechen zufolge, kann man nach einem längeren Anstieg seit kurzem tendenziell einen Rückgang der Kriminalität in der EU feststellen. http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page?_pageid=1073,46587259&_dad=portal&_schema=PORTAL&p_product_code=KS-SF-07-015
 
 
14) WODC Webseite English online
WODC steht für "Wetenschappelijk Onderzoek- en Documentatiecentrum" oder frei übersetzt: "Forschungs- und Dokumentationszentrum". Es kann am besten beschrieben werden als Wissensmanagement-Center der Strafrechtspflege. Hohe Arbeitsgüte und Kundenorientierung sind die grundlegenden Prinzipien der Organisation. Das Kernprodukt ist Wissensvermittlung zu Gunsten der Strategieentwicklung. Das WODC will einen Beitrag zur Entwicklung und Bewertung von justiziellen Grundsatzthemen beim niederländischen Justizministerium leisten. Die Webseite des WODC ist jetzt auch in englischer Sprache im Netz zu erreichen unter: http://english.wodc.nl/
 
 
15) Einsatz polizeilicher Zwangsgewalt – lagebedingter Erstickungstod
Der Bericht des österreichischen Menschenrechtsbeirates im dortigen Innenministerium (gegründet 1999) stammt zwar aus 2004, ist aber immer noch aktuell, wie die jüngsten Fälle auch in Deutschland zeigen. Die aus Mitgliedern des Menschenrechtsbeirates, MedizinerInnen und Experten des BMI zusammengesetzte Arbeitsgruppe legte ihr Augenmerk nicht ausschließlich auf medizinisch-technische Fragestellungen, sondern stellte vielmehr eine umfassende menschenrechtliche Betrachtung des gesamten Ablaufs polizeilicher Operationen an. Angesichts der auf Prävention ausgerichteten Arbeit des Beirates ging es dabei jedoch nicht um eine Untersuchung straf- oder dienstrechtlicher Verantwortlichkeiten einzelner am Geschehen beteiligter Personen, vielmehr sollten jene Faktoren, Konstellationen und strukturellen Probleme identifiziert werden, die zur Eskalation in der Interaktion zwischen Organen der Sicherheitsbehörden und Bürgern beitragen. Dies mit dem Ziel, Risikofaktoren auszumachen und deren Entstehen oder deren Auswirkungen zu vermindern. Eingangs stellt der Bericht die internationalen und innerstaatlichen rechtlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes polizeilicher Zwangsgewalt dar. Daran anschließend wird in einem medizinischen Teil eingehend das Phänomen des lagebedingten Erstickungstodes beleuchtet und auf die mit der Anwendung bestimmter Fixierungstechniken verbundenen Risikofaktoren, aber auch auf die Anzeichen für das Vorliegen einer Gefährdungssituation eingegangen. Quelle: http://www.menschenrechtsbeirat.at/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=51&Itemid=74
 
 
16) Wirkt die Drohung einer Abschiebung abschreckend?
In der politischen Diskussion gilt es als selbstverständlich, dass die Drohung mit einer Ausweisung oder Abschiebung auf potentielle Täter abschreckend wirkt. Eine Studie aus den USA hat jetzt nachgewiesen, dass dies nicht der Fall ist. Die Autoren haben die Rückfälligkeit von ausländischen Straftätern innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr nach der Entlassung aus dem Gefängnis untersucht und dabei eine Gruppe von Tätern, die aus rechtlichen Gründen nicht abgeschoben werden konnten, mit der einer Gruppe von Tätern, denen prinzipiell die Abschiebung drohte, verglichen. Hierbei handelte es sich immerhin um fast 1.700 Personen, die innerhalb eines Monats entlassen worden waren und von denen bei ca. 1.300 der Migrationsstatus erhoben werden konnte. Im Ergebnis zeigte sich kein signifikanter Unterschied bei der Rückfallrate, die zwischen 35% und 43% lag.. Dieses Ergebnis deckt sich mit anderen Studien, nach denen sich im Lande geborene Migranten in ihrer Rückfallwahrscheinlichkeit nicht von denen unterscheiden, die nicht im Land geboren sind. Quelle: L.J. Hickman, M.J. Suttorp: Are Deportable Aliens A Unique Threat to Public Safety? Comparing the Recidivism of Deportable and Nondeportable Aliens. In: Criminology & Public Policy 7, 1, 2008, S. 59 – 82.