Polizei : Newsletter Nr. 126, Januar 2010

 1)   Zwischenbilanz über das britische Neighbourhood Policing
 2)   Unbeliebte Schulkinder haben höheres Krankheitsrisiko
 3)   Zur kriminogenen Wirkung des Strafvollzugs
 4)   Neuartiges Verfahren zum Auffinden von Fingerabrücken
 5)   US-Polizei: Bürgerbeschwerden nehmen zu
 6)   Biologische Variablen in der empirischen Sozialforschung
 7)   Gewalt in Paarbeziehungen Jugendlicher
 8)   Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen auf Kinder
 9)   Onlineinformationen zur praktischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
10)  Unterschiedliche Policing-Ansätze und Kriminalitätsbelastung
11)  Auswirkungen der Juristenausbildung auf Studierende
12)  Verbot der Genitalverstümmelung in der Schweiz
13)  Forschungsstelle Criminal Compliance
14)  Landesinstitut für präventives Handeln Saarland
15)  Neues kriminologisches Journal
 
1) Zwischenbilanz über das britische Neighbourhood Policing
Das britische Innenministerium hat einen Zwischenbericht zum Neighourhood Policing herausgegeben. Ziel des Programms ist es, das Vertrauen in die Polizeiar-beit zu stärken und Kriminalitätsfurcht zu reduzieren. Geringe positive Effekte auf beide Variablen konnten festgestellt werden. Diese sind jedoch statistisch nicht signifikant. Die Entwicklung der Kriminalitätsbelastung wurde nicht untersucht, da mit dem angewandten Untersuchungsdesign nicht beurteilt werden kann, welchen Einfluss ein gesteigertes Anzeigeverhalten oder ein zielgerichtetes Vorgehen der Polizei hat. Eine detaillierte Beschreibung des Neighbourhood Policings und weitere Ergebnisse finden sich online: http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs09/horr14b.pdf
 
 
2) Unbeliebte Schulkinder haben höheres Krankheitsrisiko
Eine schwedische Kohortenstudie (Geburtsjahrgang 1953) geht der Frage nach, wie sich der soziale Status von Schülern auf deren Gesundheitszustand im Erwachsenenalter auswirkt. Den Ergebnissen zufolge können sich Faktoren wie Beliebtheit („peer status“) unabhängig von der sozialen Herkunft oder dem Elternhaus der Kinder auf die spätere Gesundheit auswirken. Der stärkste Zusammenhang konnte bei späterem Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Selbsttötungen, Herzkrankheiten und Diabetes festgestellt werden. Quelle: Almquist, Ylva (2009), Peer status in school and adult disease risk: A 30-year follow-up study of disease-specific modbidity in a Stockholm cohort, in: Journal of Epidemiology and Community Health 2009 (im Erscheinen) http://jech.bmj.com/cgi/content/short/jech.2009.088377v1?q=w_jech_ahead_tab
 
 
3) Zur kriminogenen Wirkung des Strafvollzugs
Die These von einer kriminogenen Wirkung des Strafvollzugs gegenüber alternativen Sanktionsformen ist empirisch nicht leicht zu überprüfen, da stets der Einfluss vollzugsexterner Faktoren zu berücksichtigen ist. Eine spanische Vergleichsuntersuchung hat die Rückfallhäufigkeit von Personen, die zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden (n=179) mit der Rückfallhäufigkeit von Personen, die eine Bewährungsstrafe erhielten (n=304) vergleichen und dabei auch die Anzahl der Vorstrafen, Drogenabhängigkeit und finanzielle Probleme als Kontrollvariablen mit berücksichtigt. Auch unter Berücksichtigung dieser vollzugsexternen Faktoren zeigt sich, dass eine Gefängnisstrafe das Rückfallrisiko erhöht. Die Ergebnisse bestätigen somit Annahmen der Labeling-Theorie wohingegen sich Anhaltspunkte für eine abschreckende Wirkung des Strafvollzugs auch bei Erstverurteilten nicht ergaben. Quelle: Cid, José (2009), Is Imprisonment Criminogenic?, in: European Journal of Criminologie 6 (6), 459-480, http://euc.sagepub.com/cgi/content/abstract/6/6/459.
 
 
4) Neuartiges Verfahren zum Auffinden von Fingerabrücken
Eine neue Methode zum Auffinden von Fingerabdrücken haben Wissenschaftler aus Großbritannien entwickelt. Die Forscher machen sich dabei zu Nutze, dass menschlicher Schweiß chemische Reaktionen auf metallenen Objekten, zum Beispiel Patronenhülsen, verursacht. Auf diese Weise entstehe ein Fingerabdruck, der auch durch Säubern des Gegenstandes nicht entfernt werden könne. Vorbeugend wirke nur, was die Übertragung von Schweiß verhindert, also zum Beispiel das Tragen von Handschuhen oder Händewaschen. Quelle: New fingerprinting techniques could crack cold cases, cnn.com vom 15.04.2009, http://www.cnn.com/2009/CRIME/04/15/uk.bullet.fingerprinting/ (Danke an WM)
 
 
5) US-Polizei: Bürgerbeschwerden nehmen zu
Die Anzahl an Bürgerbeschwerde gegen die New Yorker Polizei ist im ersten Halb-jahr 2009 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11 % angestiegen. Die berichteten Probleme reichen von mangelnder Freundlichkeit bis hin zu Gewaltanwendung und Brutalität. Auch wurden mehr Beamte unter Beobachtung gestellt. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn drei oder mehr Beschwerden eingehen. Quelle: http://www.1010wins.com/pages/4574879.php
 
 
6) Biologische Variablen in der empirischen Sozialforschung
Da biologische Faktoren menschliches Verhalten beeinflussen, kann es sinnvoll sein, entsprechende Variablen bei der empirischen sozialwissenschaftlichen Forschung zu berücksichtigen. Ein Working Paper des Rates für Sozial- und WirtschaftsDaten beschreibt, welche Herausforderungen bei biosozialen Surveys bestehen. Abgesehen von Untersuchungen z.B. zu abweichendem Verhalten oder Vertrauen und Gerechtigkeitsempfinden besteht demnach ein weitgehendes Theoriedefizit zum Einfluss biologischer Faktoren. Darüber hinaus sind Fragen hinsichtlich der Gewinnung biologischer Daten zu beantworten, die vor allem die Kooperationsbereitschaft der Befragten, die Sammlung und Verarbeitung sowie die Speicherung und die damit einhergehende Datenschutzproblematik betreffen. Quelle: Schnell, Rainer (2009), Biologische Variablen in sozialwissenschaftlichen Surveys, RatSWD Working Paper No. 107, im Volltext verfügbar unter: http://www.ratswd.de/download/RatSWD_WP_2009/RatSWD_WP_107.pdf
 
 
7) Gewalt in Paarbeziehungen Jugendlicher
Eine britische Studie gibt Auskunft über physische, psychische und sexuelle Gewalt in Paarbeziehungen Jugendlicher. Ein Viertel der weiblichen und 18 % der männlichen Befragten hat demnach eine Form von physischer Gewalt erfahren. Psychische Gewalt haben 75 % der Mädchen und 50 % der Jungen innerhalb der Stichprobe erlebt. Ein Drittel der weiblichen und 16 % der männlichen Befragten berichtete über sexuelle Gewalt. Für Mädchen stellen ältere Partner einen Risikofaktor dar. Befragte mit einem deutlich älteren Partner erlebten zu 75 % physische Gewalt (psychisch: 80 %, sexuell: 75 %). Bei beiden Geschlechtern konnte zudem ein Zusammenhang zwischen familiärer Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen festgestellt werden. Quelle: Barter, Christine u.a. (2009), Partner exploitation and violence in teenage intimate relationships, Kurzbericht und Langfassung unter http://www.nspcc.org.uk/Inform/research/Findings/partner_exploitation_and_violence_wda68092.html
 
 
8) Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen auf Kinder
Eine Dokumentation der australischen „White Ribbon“-Stiftung geht der Frage nach, wie sich Gewalt gegen Frauen auf Kinder und Jugendliche auswirkt. Der erste Teil beschäftigt sich mit den Erlebnissen junger Menschen von Gewalthandlungen erwachsener Personen. Ein Viertel der Probanden hat demnach familiäre Gewalt gegen die eigene Mutter erlebt. Teil zwei des Berichts untersucht Gewalt in Paarbeziehungen Jugendlicher, wobei darauf hingewiesen wird, dass dort auftretende Gewalthandlungen oftmals besonders schwere direkte und indirekte Folgen haben. Die abschließenden Teile enthalten Informationen über die Ursachen von Gewalt gegenüber jungen Frauen und über Präventionsmöglichkeiten im Kindesalter. Das vollständige Dokument ist erhältlich unter: http://www.whiteribbonday.org.au/media/documents/AssaultOnOurFutureFinal.pdf
 
 
9) Onlineinformationen zur praktischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
Die Organisation HandsOnScotland unterhält eine Datenbank mit praxisorientierten Anleitungen zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Die Website bietet über ein Stichwortverzeichnis Zugang zu Themen wie etwadem Umgang mit kindlicher Trauer bei Todesfällen oder Handlungsempfehlungen bei Depressionen oder Ängs-ten. Mehr Informationen unter: http://www.handsonscotland.co.uk/
 
 
10) Unterschiedliche Policing-Ansätze und Kriminalitätsbelastung
Ein aktueller Aufsatz untersucht die Auswirkungen verschiedener “Policing”-Ansätze in Großbritannien. Im Fokus stehen neuere Ansätze (z.B. problem-oriented policing) und deren Auswirkungen auf die Kriminalitätsbelastung. Quelle: Heaton, Robert (2009), Policing Styles and Volume Crime Reduction, in Policing 2009, 3 (2), 161-171. http://policing.oxfordjournals.org/cgi/content/abstract/3/2/161
 
 
11) Auswirkungen der Juristenausbildung auf Studierende
Mit den Auswirkungen der Juristenausbildung auf das Wohlbefinden von Studierenden beschäftigt sich eine aktuelle Studie. Dabei wurden die Studierenden zweier Universitäten während ihrer dreijährigen Ausbildung beobachtet. In beiden Gruppen wiesen die Probanden am Ende des Beobachtungszeitraums ein schlechteres psychisches Wohlbefinden auf. Als Grund dafür konnte eine starke Kontrolle der Studenten durch die Fakultäten ausgemacht werden. Positiv wirkt sich hingegen aus, wenn die Universitäten ihre Studenten zu mehr Selbstständigkeit anregen. Dies resultiert wiederum in besseren Examensergebnissen und wirkt sich selbst in Form von höherer Motivation während der ersten Arbeitsstelle aus. Quelle: Sheldon, K.M., Krieger, L.S. (2007), Understanding the negative effects of legal education on law students: a longitudinal test of self-determination theory, in: Personality and Social Psychology Bulletin, 33 (6), 883-897 http://psp.sagepub.com/cgi/content/abstract/33/6/883.
 
 
12) Verbot der Genitalverstümmelung in der Schweiz
Die Kommission für Rechtsfragen des schweizerischen Nationalrates hat einen Vo-rentwurf für ein Gesetz zum Verbot der Genitalverstümmelung veröffentlicht. Hinter-grund ist, dass nach der geltenden Rechtslage Abgrenzungs- und Beweisschwierigkeiten bestehen und dass durch ein neues Gesetz ein eindeutiges Signal der Ächtung ausgehen soll. Weitere Informationen unter: http://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/themen/kriminalitaet/ref_gesetzgebung/ref_genitalverstuemmelung.html
 
 
13) Forschungsstelle Criminal Compliance
An der Universität Augsburg ist ein Center for Criminal Compliance eingerichet wor-den. In der Forschungsstelle beschäftigen sich Strafrechtswissenschaftler und Praktiker mit der Frage, welche Risiken für Unternehmer und ihre Organe infolge der Nichteinhaltung strafbewehrter Regelungen bestehen und wie diesen Risiken entgegen gewirkt werden kann. http://www.jura.uni-augsburg.de/forschung/compliance/criminal_compliance/
 
 
14) Landesinstitut für präventives Handeln Saarland
Das Landesinstitut für präventives Handeln (LPH) des Saarlandes beschäftigt sich mit den Themengebieten pädagogische Prävention, polizeiliche und kommunale Kriminalprävention und Gesundheitsberatung. Zudem werden einzelne Maßnahmen evaluiert. Das LPH ist unter http://www.saarland.de/lph.htm zu erreichen.
 
 
15) Neues kriminologisches Journal
Das Journal of Criminal Justice Research richtet sich an Wissenschaftler und Praktiker und erscheint zukünftig zwei mal pro Jahr. Beiträge werden nach dem Peer-Review-Verfahren online veröffentlicht und sind kostenlos zugänglich. http://www.icjrc.org/