Polizei : Newsletter Nr. 171, Februar 2014

 1)   Videoüberwachung zeigt kaum Wirkung
 2)   Leadership: Warum Management auch in der Polizei entscheidend ist
 3)   Tunnelblick bei polizeilichen Ermittlungen
 4)   Amerikas heimliche Morde
 5)   Implementierung eines „Geographic Community-based Prosecution Model“ in Philadelphia
 6)   Delinquentes Verhalten von Mädchen
 7)   NSU und Verfassungsschutz
 8)   Wissenschaftler gegen Massenüberwachung
 9)   Rechtsprofessoren für Drogenfreigabe
10)  Praktiker und Wissenschaftler gegen nachträgliche Therapieunterbringung
11)  Der Mord-Paragraph – eine Erfindung der Nazis
12)  Wenn Nieren Massenware werden
13)  Stellen „Wissenschaftliche Mitarbeiter“ an der RUB
14)  Evidence-based Policing-Conference „Police-led Experiments“
15)  Buchbesprechung: „Das bundesweite Fußballstadion-Verbot“ von Linus Schmitt
 
1) Videoüberwachung zeigt kaum Wirkung
Durch eine Studie in Kanada wurde die Wirksamkeit von Videoüberwachung auf Parkplätzen in der Nähe eines Bahnhofs über ein Jahr hinweg evaluiert, mit dem Ergebnis, dass es im allgemeinen nur wenig Hinweise auf einen signifikanten Rückgang in Bezug auf fahrzeugrelevante Kriminalität gibt. Siehe http://www.palgrave-journals.com/sj/journal/v27/n1/full/sj201214a.html?WT.ec_id=SJ-201402
 
 
2) Leadership: Warum Management auch in der Polizei entscheidend ist
Leadership ist entscheidend dafür, ob Organisationen in einem dynamischen Umfeld effektiv arbeiten können, insofern ist die Erfordernis hiernach auch für eine effektive Polizeiführung wichtiger denn je. Mitchell Pearson-Goff und Victoria Herrington vom Australian Institute of Police Management haben dies durch eine systematische Auswertung der Forschungsliteratur untersucht, der Artikel erscheint 2014 in der Zeitschrift „Policing“. Quelle: doi: 10.1093/police/pat027. Siehe http://policing.oxfordjournals.org/content/early/2013/11/21/police.pat027.abstract
 
 
3) Tunnelblick bei polizeilichen Ermittlungen
Mit dem Tunnelblick bei polizeilichen Ermittlungen beschäftigt sich ein Artikel von Renze Salet und Jan Terpstra in der Zeitschrift „Policing“, der 2014 erscheinen wird. Sie zeigen, dass das kritische Bewertungskonzept, das bei der niederländischen Polizei eingeführt wurde, konkrete Auswirkungen auf den Ermittlungsprozess zu haben scheint. Quelle: doi 10.1093/police/pat039. Siehe http://policing.oxfordjournals.org/content/early/2013/12/27/police.pat039.abstract
 
 
4) Amerikas heimliche Morde
Unter wessen Kommando töteten US-Elitekämpfer unzählige Zivilisten in Krisengebieten? Die ARD-Doku „Schmutzige Kriege“ zeigte die Recherchen des Reporters Jeremy Scahill (verfügbar bei YouTube http://www.youtube.com/watch?v=ETSzkx6CG0o), DIE ZEIT berichtete http://www.zeit.de/kultur/film/2013-11/schmutzige-geschaefte-ndr-doku, und in den „Blättern für deutsche und internationale Politik“ findet sich in Heft 1, 2014 (S. 55 ff.) ein längerer Beitrag von Scahill zu dem Thema und zu weiteren Perspektiven, sh. https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2014/januar/geheim-und-schmutzig-obamas-%C2%BBintelligenter-feldzug%C2%AB
 
 
5) Implementierung eines „Geographic Community-based Prosecution Model“ in Philadelphia
Philadelphia, eine der gefährlichsten Großstädte der Vereinigten Staaten, beginnt eine gemeindeorientierte Annäherung an die Strafverfolgung und hat dabei ein „Geographic Community-based Prosecution Model“ festgeschrieben, das eine Erhöhung der öffentlichen Sicherheit zur Folge haben soll. Das gesamte Dokument findet sich unter http://www.apainc.org/files/DDF/Philadelphia%20Implementation%20Guide.pdf
 
 
6) Delinquentes Verhalten von Mädchen
Mit dem delinquenten Verhalten von Mädchen befasst sich eine Studie des Office of Juvenile Justice and Delinquency Prevention des US Department of Justice. Nach den Daten des FBI, so der Bericht, wachsen die Zahlen der Festnahmen von Mädchen rapider an als die von Jungen gleichen Alters. Etwa 30 Prozent aller Festnahmen Jugendlicher sind Mädchen. Die Studie versucht eine Analyse, aber auch Antwort auf die Frage, ob dies ein tatsächliches Anwachsen von Kriminalität jugendlicher Frauen oder lediglich eine Änderung der gesellschaftlichen Ansichten über das Verhalten junger Frauen bedeutet. Siehe http://www.ojjdp.gov/pubs/238276.pdf
 
 
7) NSU und Verfassungsschutz
Eine Quelle für zahlreiche Informationen zum NSU-Komplex ist der Journalist Thomas Moser, der regelmäßig sowohl über die Sitzungen des Untersuchungsausschusses berichtete, als auch den Zschäpe-Prozess in München als Beobachter verfolgt. Nachdem eine Wochenzeitung ihm gekündigt hatte, ist jetzt ein längerer Beitrag von ihm in „Blätter für deutsche und internationale Politik“ erschienen (Heft 1, 2014, S. 77 ff.). Unter dem Titel „Der NSU-Komplex: Wer ermittelt gegen den Verfassungsschutz?“ beschreibt er die Entwicklungen der letzten Jahre bis hin zu einem mysteriösen Todesfall im September 2013 im Kreis Heilbronn. https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2014/januar/der-nsu-komplex-wer-ermittelt-gegen-den-verfassungsschutz
 
 
8) Wissenschaftler gegen Massenüberwachung
Über 250 Wissenschaftler aus mehr als 25 Ländern haben am 3. Januar 2014 einen Aufruf gegen eine umfassende Überwachung veröffentlicht. Sie fordern einen Stopp der Massenüberwachung sowie Transparenz der Arbeit der Geheimdienste. Der Aufruf wurde von vier Professoren der Universität Amsterdam initiiert, Akademiker weltweit werden aufgefordert, ihn zu unterzeichnen. http://www.academicsagainstsurveillance.net/
 
 
9) Rechtsprofessoren für Drogenfreigabe
Über 100 deutsche Rechtsprofessoren fordern mit Blick auf den Cannabiskonsum die Überprüfung des Betäubungsmittelgesetzes. Sie halten die deutsche Drogenpolitik für komplett verfehlt. Sie fordern auch die Einberufung einer Enquete - Kommission durch den Bundestag. http://www.schildower-kreis.de/themen/Resolution_deutscher_Strafrechtsprofessorinnen_und_%E2%80%93professoren_an_die_Abgeordneten_des_Deutschen_Bundestages.php
 
 
10) Praktiker und Wissenschaftler gegen nachträgliche Therapieunterbringung
Gegen die im Koalitionsvertrag vereinbarte nachträgliche Therapieunterbringung sprechen sich in einem offenen Brief an den Bundesjustizminister zahlreiche Praktiker und Wissenschaftler aus, was in dem Brief ausführlich begründet wird. Siehe: http://www.strafvollzugsarchiv.de/index.php?action=archiv_beitrag&thema_id=4&beitrag_id=667&gelesen=667. Das dem offenen Brief folgende Medienecho kann ebenfalls nachgelesen werden: http://www.strafvollzugsarchiv.de/index.php?action=archiv_beitrag&thema_id=4&beitrag_id=668&gelesen=668
 
 
11) Der Mord-Paragraph – eine Erfindung der Nazis
Der Mordparagraph in seiner heutigen Form als Erfindung der Nazis – wie konnte er sich so lange halten, fragt sich der Vorsitzende des zweiten Strafsenats des BGH Thomas Fischer und plädiert in einem Artikel mit dem Titel „Völkisches Recht“ in der ZEIT (Nr. 51 vom 17.12.2013) für eine überfällige Rechtsreform. Siehe den Artikel http://www.zeit.de/2013/51/mord-paragraph-nationalsozialismus
 
 
12) Wenn Nieren Massenware werden
Mit Organhandel befasst sich der Artikel „When kidneys become commodities“ im OSCE-Magazin Security Community 4/2013(S. 40 ff.) des Menschenrechtsanwaltes Milbert Shin, heute beim International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia – Menschenhandel mit dem Ziel der Entnahme von Organen als schmutziges „Geschäft“, das die tiefsten menschlichen Ängste schürt – und die Tatsache, dass hier Gesundheitsspezialisten und Mediziner involviert sind, steigert noch diese Dimension dieser Kriminalität. Die Publikation „Trafficking in Human Beings fort he Purpose of Organ Removal“ mit Analysen und Erkenntnissen unter http://www.osce.org/cthb/103393
 
 
13) Stellen „Wissenschaftliche Mitarbeiter“ an der RUB
Am Bochumer Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft zwei Stellen neu zu besetzen. Eine Stelle ist für die wissenschaftliche Koordinierung des englischsprachigen Masterstudiengangs Criminal Justice, Governance and Police Science vorgesehen, eine weitere Stelle ist am Lehrstuhl selbst angesiedelt. Näheres unter http://www.kriminologie.ruhr-uni-bochum.de/
 
 
14) Evidence-based Policing-Conference „Police-led Experiments“
An der University of Cambridge/GB findet vom 7.-9. Juli 2014 die 7. Evidence-based Policing-Conference “Police-led Experiments” statt, für die jetzt Anmeldungen möglich sind. Am 7. Juli macht auch die Tour de France Station in Cambridge. Weitere Infos: http://www.crim.cam.ac.uk/events/conferences/ebp/2014/index.html
 
 
15) Buchbesprechung: „Das bundesweite Fußballstadion-Verbot“ von Linus Schmitt
Einen vertieften Gesamtüberblick über die rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit Stadionverboten mit ausführlicher Quellensammlung liefert dieses 2013 im Verlag Peter Lang erschienene Buch. Marco Noli hat das Buch für uns besprochen, nachzulesen unter: http://www.polizei-newsletter.de/books/2014_Rezension_Linus_Schmitt.pdf