Polizei : Newsletter Nr. 197, Juni 2016

 1)   Einfluss der Wahrnehmung von Unordnung auf das Sicherheitsempfinden
 2)   Datengrundlage zur raumbezogenen Analyse von Kommunalindikatoren
 3)   Lynchjustiz in Afrika: Kollektives Bestrafen
 4)   Kriminologische Literaturdatenbank der KrimZ freigeschaltet
 5)   Polizeiliche Verfolgungsfahrt kann gegen Menschenrechte verstoßen
 6)   Neuerscheinung "Kriminalität und Kriminalitätskontrolle in Deutschland".
 7)   Falsche Geständnisse nach zu wenig Schlaf
 8)   Deutschland, die ängstliche Nation
 9)   Persönlichkeit und Studienwahl
10)  Kriminelle Fußballfans? Empirische Untersuchung zu Stadionverboten und registrierter Delinquenz
11)  Freier Wille und der Punkt, ab dem es kein Zurück mehr gibt
12)  Wie Intelligenz, Bevölkerungsdichte und Freundschaft heutiges Glück beeinflussen
13)  Neustrukturierung der Gerichtshilfe und Bewährungshilfe in Baden-Württemberg
14)  Polizisten nur noch auf Platz 8 im Vertrauens-Ranking
15)  Institutionelle Verantwortung für diskriminierende Polizeikontrollen
16)  Personengebundene Hinweise in polizeilichen Datenbanken (PHW)
17)  Berufskultur privater Sicherheitsleute in den Niederlanden – Vergleich mit Polizistenkultur
18)  Typisierung der Opfer von Diebstahl und Wohnungseinbruch
19)  Kriminalität und Innere Sicherheit: Objektive Lage und Wahrnehmung durch Medien und Politik
 
1) Einfluss der Wahrnehmung von Unordnung auf das Sicherheitsempfinden
Ein Arbeitsbericht des Instituts für Soziologie der Universität Leipzig geht der Frage nach, welche Bedeutung die Wahrnehmung von Incivilities für das Sicherheitsempfinden aufweist und worauf sich diese Wirkung gründet. Quelle: http://www.uni-leipzig.de/~sozio/content/site/a_berichte/68.pdf
 
 
2) Datengrundlage zur raumbezogenen Analyse von Kommunalindikatoren
WissenschaftlerInnen und Studierenden sozialwissenschaftlicher und artverwandter Fachrichtungen stellt das Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) eine Vielzahl von Daten unentgeltlich zur Verfügung. Der „Scientific Use File (SUF)“ enthält Daten von 173 Indikatoren des Wegweisers Kommune 2009 bis 2013. Zugang und weitere Information zu den Nutzungsbedingungen: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=325
 
 
3) Lynchjustiz in Afrika: Kollektives Bestrafen
Den Anstieg von Lynchjustiz in Afrika begründet eine Kriminologin der Universität Kapstadt mit sozialen Problemen und der Schere zwischen Arm und Reich. Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass kollektives Bestrafen das Gemeinschaftsgefühl stärke. Viele Menschen in Afrika halten Lynchjustiz für ein effektiveres Mittel der Kriminalitätsbekämpfung als ihre eigene Polizei. Quelle: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=326
 
 
4) Kriminologische Literaturdatenbank der KrimZ freigeschaltet
Seit 1986 gehört die Literaturdokumentation zum Aufgabenspektrum der Kriminologischen Zentralstelle. Im Laufe der Zeit ist eine Fachdatenbank KrimLit entstanden, die neben den Bestandsdaten der KrimZ-Bibliothek eine kriminologische Aufsatzdokumentation aus Kriminologie; Psychologie, Soziologie, Pädagogik mit Abstracts anbietet. http://www.krimz.de/dokumentation/krimlit/ 
 
6) Neuerscheinung "Kriminalität und Kriminalitätskontrolle in Deutschland".
Mit diesem fast 500-seitigen Beitrag erweitert Wolfgang Heinz den Blick über die Sanktionierungspraxis hinaus auf den Strafvollzug sowie die Rückfall- und Wirkungsforschung. Damit liegt hier ein einmaliges Dokument vor, das für Wissenschaft und Praxis von herausragender Bedeutung ist. Quelle: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=328
 
 
7) Falsche Geständnisse nach zu wenig Schlaf
Eine Studie untersuchte die Beziehung zwischen selbst eingeschätzter Schlafdauer und falschen Erinnerungen und die Auswirkung von 24 Stunden völligen Schlafentzugs auf die Anfälligkeit für falsche Erinnerungen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann Schlafentzug das Risiko zur Entwicklung falscher Erinnerungen erhöhen. Diese Experimente sind die ersten, die den Auswirkung von Schlafentzug auf die Anfälligkeit für falsche Erinnerungen nachgehen, die katastrophale Folgen nach sich ziehen können. Quelle: http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=329
 
 
8) Deutschland, die ängstliche Nation
Deutsche erreichen den höchsten Unsicherheitsvermeidungsindex, sind besonders ängstlich, kaufen die meisten Sicherheitsschlösser und Videoüberwachungsanlagen. Kulturen wie Deutschland, bei denen der o. gen. Index hoch ist, sind weniger tolerant und neigen dazu, die Angst vor dem Unbekannten durch das Aufstellen starrer Regeln, Vorschriften und Gesetze zu minimieren. Quelle: Interview mit Dietmar Heubrock in Psychologie Heute 5, 2016, S. 12 ff.
 
 
9) Persönlichkeit und Studienwahl
Juristen sind streitbar, Psychologen eher neurotisch, Mediziner selbstbewusst und Geisteswissenschaftler schüchtern. Solche Stereotypen lassen sich tatsächlich in einer Studie mit Studierenden nachweisen. Quelle: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0191886915300921
 
 
10) Kriminelle Fußballfans? Empirische Untersuchung zu Stadionverboten und registrierter Delinquenz
Eine Analyse der Bundeszentralregisterauszüge sämtlicher von einem bundesweiten Stadionverbot betroffenen Personen zeigt eine hohe Belastung mit strafrechtlichen Sanktionierungen. Als Erklärungsansätze für die Ergebnisse dienen Lebensstil und Freizeitverhalten sowie Auswirkungen justizieller Selektionsmechanismen. Quelle: MSchrKrim 2015, S. 481 ff.
 
 
11) Freier Wille und der Punkt, ab dem es kein Zurück mehr gibt
Bei Menschen gehen spontanen Bewegungen oft frühe Hirnsignale voraus. Eines dieser Signale ist das Bereitschaftspotenzial (BP), das innerhalb der letzten Sekunde vor einer Bewegung allmählich ansteigt. Eine wichtige Frage ist, ob Menschen in der Lage sind, Bewegungen nach dem Auslösen der BPs abzubrechen und wenn ja, bis zu welchem Zeitpunkt. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Probanden eine Bewegung selbst nach dem Einsetzen des BPs noch abbrechen können. Der Abbruch einer Bewegung war noch möglich, wenn das Haltesignal früher als 200 ms vor dem Einsetzen der Bewegung auftrat und stellt somit einen Punkt dar, ab dem es kein Zurück mehr gibt. Quelle: http://www.pnas.org/content/113/4/1080.full.pdf
 
 
12) Wie Intelligenz, Bevölkerungsdichte und Freundschaft heutiges Glück beeinflussen
Bevölkerungsdichte wird negativ und die Häufigkeit von Treffen mit Freunden positiv mit Lebenszufriedenheit assoziiert. Die Hauptassoziationen von Lebenszufriedenheit mit Bevölkerungsdichte und Treffen mit Freunden hängt beträchtlich mit Intelligenz zusammen und, in letzterem Fall, ist die Hauptassoziation unter den Hochintelligenten umgekehrt. Intelligentere Menschen erfahren eine niedrigere Lebenszufriedenheit. Quelle: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26847844
 
 
13) Neustrukturierung der Gerichtshilfe und Bewährungshilfe in Baden-Württemberg
Nach der Kündigung des Vertrages mit Neustart Baden-Württemberg gGmbH wird das Land die (ambulanten) Sozialen Dienste der Justiz wieder in eigene Regie übernehmen. Zur weiteren Vorbereitung hat das baden-württembergische Justizministerium einen Anhörungsentwurf zur Diskussion gestellt. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=330
 
 
14) Polizisten nur noch auf Platz 8 im Vertrauens-Ranking
Polizisten haben hierzulande ein deutlich besseres Image als in anderen Ländern. In Deutschland gehören sie mit einem Wert von 81 Prozent zu den Top Ten der vertrauenswürdigsten Berufe – allerdings nach Piloten, Apothekern und Busfahrern. Politiker rangieren nach wie vor mit 15% auf dem letzten Platz. Quelle: http://www.gfk-verein.org/compact/fokusthemen/berufe-im-vertrauens-check
 
 
15) Institutionelle Verantwortung für diskriminierende Polizeikontrollen
Nicht nur in Deutschland findet das Thema racial profiling zunehmend Aufmerksamkeit, auch in der Schweiz wird die polizeiliche Verdachtsgewinnung aufgrund ethnischer Merkmale zunehmend kritisiert. Eine Stellungnahme Schweizer Wissenschaftler konstatiert dabei, dass es sich bei dem benannten Problem um ein strukturelles Defizit handele und somit um institutionellen Rassismus. Als wichtig sehen sie eine unabhängige Kontrolle von außen und den Dialog von Polizei und Minderheitengruppen an, um racial profiling zu verhindern. Quelle: http://ch.indymedia.org/media/2016/03//96946.pdf
 
 
16) Personengebundene Hinweise in polizeilichen Datenbanken (PHW)
Die Antwort auf eine Kleine Anfrage der „Piraten“ im Landtag NRW hat ergeben, dass in diesem Bundesland insgesamt 164.920 solcher Hinweise für 142.463 Personen vergeben sind. Die Kriterien reichen von „Ansteckungsgefahr“ über „Freitodgefahr“ bis zu „Straftäter rechtsmotiviert“. Details unter http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=331 Eine weitere Anfrage thematisiert die Speicherungen in Dateien zur „Politisch motivierten Kriminalität links“, verfügbar unter http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=332
 
 
17) Berufskultur privater Sicherheitsleute in den Niederlanden – Vergleich mit Polizistenkultur
Jan Terpstra untersuchte die Berufskultur von Sicherheitsleuten, indem er sie mit der Kultur von Polizisten verglich. Die Studie versucht die Frage zu beantworten, ob die Faktoren, die zu der Polizistenkultur beitragen, eine ähnliche Kultur bei privaten Sicherheitsunternehmen schaffen. Verglichen mit der Polizei haben die privaten Sicherheitsleute eine weit weniger ausgeprägte Berufskultur. Quelle: http://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10439463.2014.942843
 
 
18) Typisierung der Opfer von Diebstahl und Wohnungseinbruch
Die empirischen Ergebnisse einer Studie zeigen, dass Opferwerdung mit höherer Bildung verbunden ist. Auch jüngere Personen sind häufiger Opfer als ältere, was im Einklang mit dem skizzierten Bild des rationalen Diebes und Einbrechers zu stehen scheint, der sein Glück verstärkt bei den mobilen und aktiven (und deshalb eher angreifbaren) Gruppen der Bevölkerung sucht. Arbeitslose allerdings tragen ein erhöhtes Einbruchsrisiko. Quelle: Smarte Täter, naive Opfer? Eine Studie zur Typisierung der Opfer von Diebstahl und Wohnungseinbruch. http://ejournals.duncker-humblot.de/doi/abs/10.3790/vjh.84.2.11
 
 
19) Kriminalität und Innere Sicherheit: Objektive Lage und Wahrnehmung durch Medien und Politik
Die Frage, inwieweit die subjektiv empfundene Bedrohung durch Kriminalität dem tatsächlichen Kriminalitätsgeschehen in Deutschland entspricht, beschäftigt immer wieder die Kriminologie. Auf der Grundlage neuerer Daten aus dem idw Berlin wurde ein wirtschaftswissenschaftliches Indikatoren-System zur Messung von Sicherheit und Sicherheitswirtschaft in Deutschland entwickelt. Quelle: http://idw-online.de/de/news642969