Polizei : Newsletter Nr. 271, Februar 2023

 1)   Der Einsatz des Lügendetektors in den USA
 2)   Der Polygraph im deutschen Strafverfahren – auch eine Renaissance?
 3)   Psychische Probleme bei Terroristen
 4)   Genderbasierte Viktimisierung
 5)   Deutsche fühlen sich wieder etwas freier – doch die Demokratieskepsis steigt
 6)   Polizeibeamte und Umgang mit psychischem Stress
 7)   Blog zum Thema Policing u.a. von Jeffrey Ross
 8)   Gelöschte Meldung
 9)   Räumliche Konzentration von psychischen Erkrankungen
10)  Künstliche Intelligenz: Wen werden wir in Zukunft um Rat fragen?
11)  DNA-Gemische
12)  Zur Wirkung von Straßenbeleuchtung
13)  Medienberichterstattung und Suizide
14)  Police-Use-of-Force-Monitor
15)  Tödliche Polizeigewalt: Ein Vergleich von 15 Ländern
16)  Kriminalitätsfurcht und wahrgenommene Kriminalitätsentwicklung
 
1) Der Einsatz des Lügendetektors in den USA
In einem Beitrag von Januar 2023 wird der Anfang 2023 veröffentlichte Film „The Lie Detector“ thematisiert, um Irrungen und Wirrungen um den Polygraphen und auch den Missbrauch in den USA darzustellen. Die Verheißungen des Lügendetektors entpuppten sich als trügerisch, und er wurde allzu oft zu einem Instrument der Angst und Einschüchterung. Der Film ist „eine Geschichte über gute Absichten, verdrehte Moral und ungewollte Konsequenzen“. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=970 Weitere Details zu dem Film sowie ein Trailer finden sich hier: https://www.pbs.org/wgbh/americanexperience/films/lie-detector/
 
 
2) Der Polygraph im deutschen Strafverfahren – auch eine Renaissance?
Eine Dissertation an der Universität Regensburg widmet sich der Frage, ob der Polygraph (Lügendetektor) eingesetzt werden sollte. In meiner Besprechung des Buches versuche ich deutlich zu machen, warum der Polygraph kein Gewinn, sondern eine Gefahr für das Straf- und Ermittlungsverfahren ist. Die Gefahr, dass Unschuldige aufgrund solcher Tests massiver Einschränkungen ihrer verfassungsmäßig garantierten Rechte zu befürchten haben, ist zu hoch, um mit solchen Techniken zu experimentieren. Die Aussage der American Psychological Association dazu ist klar und deutlich: Lügendetektoren sind unzuverlässig und eine wissenschaftlich nicht bestätigte Methode. Der BGH hat richtig entschieden, dass er solche Experimente im deutschen Strafverfahren nicht zulässt – und daran ändert auch die zwar juristisch solide entworfene Arbeit von Makepeace nichts, denn in seiner Bewertung der empirischen Ergebnisse liegt er falsch, ebenso wie die Anwälte, die den Einsatz des Lügendetektors in einem Sexualstrafverfahren verlangten. https://polizei-newsletter.de/wordpress/?p=1925
 
 
3) Psychische Probleme bei Terroristen
Die Annahme, dass es bei Terroristen eine bemerkenswert hohe Rate an Personen mit psychischen Problemen gibt, wird in einer aktuellen Meta-Studie nicht bestätigt. Die Autoren schätzen die Lebenszeitprävalenz diagnostizierter psychischer Störungen in der Allgemeinbevölkerung auf 29 %. Die Lebenszeitprävalenz diagnostizierter psychischer Störungen in den terroristischen Stichproben betrug 17,4 %, von vermuteten Störungen 23,2 % und bei den Studien, die über jegliche psychischen Probleme berichteten, 28,5 %. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/cl2.1268
 
 
4) Genderbasierte Viktimisierung
Eine 2020 durchgeführte Studie in Mannheim geht der Frage nach, welche Bedeutung sexuelle und geschlechtliche Identitäten bei Opferwerdungen haben. Analysen zu den Folgen genderbasierter Viktimisierungen und zu Unterschieden im Viktimisierungsrisiko werden vorgestellt. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=971
 
 
5) Deutsche fühlen sich wieder etwas freier – doch die Demokratieskepsis steigt
Sehr zufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland ist bundesweit derzeit nur noch gut ein Zehntel der Befragten und damit der kleinste Teil seit 2006. In Ostdeutschland gaben nur 5,5 Prozent der Befragten an, „sehr zufrieden“ zu sein. Dagegen gab bundesweit jeder Fünfte an, „nicht sehr zufrieden“ mit dem politischen System zu sein – der höchste Wert seit 2006. Im Osten liegt dieser Wert fast doppelt so hoch wie im Westen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=972
 
 
6) Polizeibeamte und Umgang mit psychischem Stress
Polizeibeamte haben ein höheres Risiko, Traumata zu erleiden und psychisch zu erkranken. Ein Beitrag macht deutlich, welche Voraussetzungen in dr Polizei geschaffen werden müssen, damit die Beamten damit offen umgehen und Hilfe suchen können. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=973
 
 
7) Blog zum Thema Policing u.a. von Jeffrey Ross
Einen überaus interessanten Blog zum Thema Policing und viele andere Themen aus dem Bereich der Strafjustiz und Strafvollzug (aber bspw. auch zu Streetart und Urban Public Space) betreibt Jeffrey Ross, Professor an der Universität Baltimore (in englischer Sprache). https://jeffreyianross.com/blog/
 
 
8) Gelöschte Meldung
Diese Meldung wurde nachträglich gelöscht. Ein Leser des PNL hat uns darauf hingewiesen, dass auf der ursprünglich verlinkten Website Klarnamen, Telefonnummern, Anschriften und Portraitaufnahmen von Personen enthalten sind. Diese Angaben verstoßen möglicherweise gegen geltendes Recht.
 
 
9) Räumliche Konzentration von psychischen Erkrankungen
Angeregt durch Studien über die Konzentration von Straftaten haben Wissenschaftler die räumlichen Muster anderer polizeilicher Aufgaben untersucht, z. B. Notrufe von Personen mit wahrgenommenen psychischen Erkrankungen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Notrufe von Menschen mit psychischen Erkrankungen auf einige wenige Orte konzentrieren und auch räumlich über Jahre hinweg stabil sind, sogar während der COVID-19-Pandemie. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=975
 
 
10) Künstliche Intelligenz: Wen werden wir in Zukunft um Rat fragen?
Wissenschaftler haben ein Modell namens ChatGPT trainiert, das auf eine dialogische Weise interagiert. Das Dialogformat ermöglicht es ChatGPT, Folgefragen zu beantworten, Fehler zuzugeben, falsche Prämissen in Frage zu stellen und unangemessene Anfragen zurückzuweisen. ChatGPT ist ein Geschwistermodell von InstructGPT, das darauf trainiert ist, einer Anweisung in einer Eingabeaufforderung zu folgen und eine detaillierte Antwort zu geben. Man kann es selbst ausprobieren (bitte nicht für Prüfungsaufgaben) unter https://openai.com/blog/chatgpt/
 
 
11) DNA-Gemische
Die heutige DNA-Technologie ist empfindlich genug, um DNA-Proben zu analysieren, die Beiträge von mehr als einer Person enthalten, so genannte DNA-Gemische. Diese haben sich jedoch aufgrund unterschiedlicher Methoden, der Qualität der Proben und Interpretationsproblemen als schwierig zu interpretieren erwiesen. Ein Beitrag beschäftigt sich mit dem aktuellen Stand. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=976
 
 
12) Zur Wirkung von Straßenbeleuchtung
Jüngste Forschungen haben gezeigt, dass eine taktische Straßenbeleuchtungsmaßnahme in den öffentlichen Wohnsiedlungen von New York City in den sechs Monaten nach der Einführung der neuen Beleuchtung zu einem Rückgang schwerer krimineller Aktivitäten während der Nachtstunden um 36 % führte. In dieser Studie werden längerfristigen Auswirkungen der Straßenbeleuchtungsmaßnahme untersucht. Demnach halten die Auswirkungen der Beleuchtungsmaßnahme über die Zeit an. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1745-9133.12599
 
 
13) Medienberichterstattung und Suizide
Die Medienberichterstattung über den Selbstmord prominenter Persönlichkeiten ist anfällig für Ansteckungseffekte durch Selbstmord (sog. Werther- oder Monroe-Effekt). Eine Studie in Norwegen untersuchte Zusammenhänge zu Veränderungen in der Suchaktivität von suizidbezogenen Begriffen im Internet. Nach dem Selbstmord einer in Norwegen bekannten Person wurde ein signifikanter Anstieg der Suchaktivitäten für "Selbstmord" und "wie man Selbstmord macht" festgestellt. Die Suche nach "Suizidprävention" war nicht signifikant. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/13811118.2021.1875942
 
 
14) Police-Use-of-Force-Monitor
Ein Vergleich zwischen Staaten (hier: Belgien, England & Wales, Frankreich, Niederlande, Kenia und Südafrika) wird als Möglichkeit gesehen, die Angemessenheit tödlicher Gewaltanwendung durch Strafverfolgungsbehörden zu beurteilen. Der Beitrag stellt einen Gewaltmonitor vor, der Vergleiche ermöglicht. Er untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Art und Weise, wie Todesfälle erfasst werden und darauf reagiert wird, und den Kontext für die Anwendung von tödlicher Gewalt durch Polizei. https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/10887679221121146
 
 
15) Tödliche Polizeigewalt: Ein Vergleich von 15 Ländern
Eine vergleichende, länderübergreifende Analyse von Zahlen zur tödlichen Polizeigewalt benennt zwei Faktoren, die deutlich hervorstechen: erhöhte Raten von Waffengewalt und ethnisch bedingte Ungleichheit. In der Studie werden auch andere Faktoren thematisiert, die Zahlen für Deutschland, das auch in dem Vergleich enthalten ist, sind jedoch unvollständig, da hier nur Todesfälle nach Schusswaffengebrauch durch die Polizei erfasst werden. https://www.annualreviews.org/doi/pdf/10.1146/annurev-criminol-030421-040247
 
 
16) Kriminalitätsfurcht und wahrgenommene Kriminalitätsentwicklung
Nach einer aktuellen Studie des Zentrum für kriminologische Forschung Sachsen e.V. ist das Vertrauen sowohl in Polizei als auch in Justiz und Verwaltung bundesweit relativ hoch. Das geringste Vertrauen findet sich unter Befragten mit Präferenz für AfD. Das Vertrauen hängt mit verschiedenen ideologischen Variablen zusammen: Eine Tendenz zu Verschwörungsglauben geht mit einem niedrigen institutionellen Vertrauen einher, eine Neigung zur Systemrechtfertigung sowie autoritäre Einstellungen gehen mit einem hohen institutionellen Vertrauen einher. https://www.zkfs.de/pawaks/