Polizei : Newsletter Nr. 284, April 2024

 1)   Tübinger Schriften und Materialien zur Kriminologie
 2)   Lernprozesse von Polizeiausbildern
 3)   Anstieg der Kriminalität im ländlichen Raum in den USA
 4)   Was ist gute Polizeiarbeit?
 5)   KI bei Frontex?
 6)   Sicherheit 2023 – eine Studie aus der Schweiz
 7)   Polizeiarbeit im ländlichen Bereich der Niederlande
 8)   Polizeiausbildung: Widerspruch zwischen Theorie und Praxis?
 9)   WHO-Plattform zu Todesursachen
10)  Bodycams erhöhen die Effektivität von Polizeiarbeit
11)  Organisierte Kriminalität: Eine empirische Untersuchung
12)  Leistungsmanagement in der Polizei
13)  Polizeikontrollen in Frankreich: Ansätze für Teufelskreise
14)  Strafzweckpräferenzen bei Jura-Studierenden
15)  Internationale Ansätze zur Leistungsmessung der Polizei
16)  Über Jahre DNA-Tests gefälscht?
17)  Fachtag „Perspektiven auf übermäßige polizeiliche Gewalt“ an der Goethe-Universität Frankfurt
 
1) Tübinger Schriften und Materialien zur Kriminologie
Die Bände dieser Schriftenreihe stehen online kostenlos und gedruckt gegen Kostenerstattung zur Verfügung. Darunter gerade erschienen: "Zum Teufel. Die Inkarnation des Bösen aus interdisziplinärer Sicht“ und „Brutalisierung der Jugendgewalt - Gefühlte oder reale Zunahme von Straftaten?“. https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/handle/10900/53322
 
 
2) Lernprozesse von Polizeiausbildern
Ein Artikel befasst sich mit den Lernprozessen schwedischer Polizeiausbilder. Die Ergebnisse veranschaulichen, wie die Stärkung positiver, reflexiver und kreativer Absichten unter den Ausbildern innerhalb der Polizei als wichtiger Bestandteil der Vorbereitung neuer Polizeibeamter und der Entwicklung der schwedischen Polizei angesehen werden kann. Darüber hinaus wird angedeutet, dass dieser besondere Prozess sowohl von intrinsischen (dem inneren Antrieb der Ausbilder) als auch von extrinsischen Kräften (dem Bildungskontext der schwedischen Polizei) angetrieben wird. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1090
 
 
3) Anstieg der Kriminalität im ländlichen Raum in den USA
Nach mehreren Jahren steigender Kriminalität zeigen Statistiken und Analysen, dass die Zahl der Tötungsdelikte und schweren Körperverletzungen in den Großstädten in den USA im Jahr 2023 im Vergleich zu 2022 um 10 % bzw. 3 % zurückgegangen ist. Während die Kriminalität in den Großstädten zurückgeht, nimmt sie in den Vorstädten zu. Noch überraschender ist, dass die Kriminalität in ländlichen Gebieten sogar noch schneller anzusteigen scheint. https://time.com/6904210/america-suburban-crime-problem-essay/
 
 
4) Was ist gute Polizeiarbeit?
Der Beitrag untersucht, wie Polizeibeamte in Schweden und den USA gute und schlechte Polizeiarbeit beschreiben und wie diese Beschreibungen mit polizeilichen Ansätzen und Strategien in Verbindung gebracht werden können. Die Ergebnisse zeigen, dass Polizisten gute und schlechte Polizeiarbeit in Bezug auf die folgenden drei Aspekte ihres Berufs beschreiben: wie sie ihre erste Begegnung mit Zivilisten bewältigen, wie gut sie mit ihren eigenen Emotionen und denen anderer umgehen und ihre Professionalität. Insgesamt beschreiben amerikanische und schwedische Beamte ähnliche Merkmale guter und schlechter Polizeiarbeit, die beide Eigenschaften widerspiegeln, die mit deeskalierenden Strategien in Verbindung gebracht werden können. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1091
 
 
5) KI bei Frontex?
Am 26. Februar 2024 veröffentlichte der Europäische Bürgerbeauftragte eine Entscheidung zu den Grundrechtsverpflichtungen von Frontex in Bezug auf die Suche und Rettung im Rahmen der Meeresüberwachung. Die Untersuchung bestätigte die Einhaltung der geltenden Regeln und Protokolle durch Frontex. Aber die Untersuchung deckte erhebliche Mängel in der Art und Weise, wie die Agentur mit Zwischenfällen auf See umgeht, einschließlich der Ausgabe von Notsignalen. Ein Beitrag zeigt auf, wie die Integration von KI-Systemen in die Aktivitäten von Frontex in den Entscheidungsprozess bei der Reaktion auf Boote in potenzieller Seenot und das gesamte SAR-System verbessern kann. https://verfassungsblog.de/author/aphrodite-papachristodoulou/?s=09
 
 
6) Sicherheit 2023 – eine Studie aus der Schweiz
Die jährliche Studie der ETH Zürich beschäftigt sich mit Zukunftserwartung und allgemeine Sicherheit in der Schweiz. Zudem werden Bedrohungen aus Sicht der Bevölkerung sowie Vertrauen in Institutionen und ausgewählte Staaten untersucht. Seit Ausbruch des Ukrainekrieges wird die Zukunft der Schweiz sowie der Welt pessimistischer und die Neutralität kritischer betrachtet. Die Kooperationsbereitschaft steigt: Eine knappe Mehrheit der Schweizer Bevölkerung fordert eine Annäherung an die Nato. https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/76327.pdf
 
 
7) Polizeiarbeit im ländlichen Bereich der Niederlande
In diesem Beitrag werden die Veränderungen in der ländlichen Polizeiarbeit in den Niederlanden in den letzten Jahrzehnten untersucht. Die Studie ist ein Beispiel für Oral History, bei der Interviews mit Polizeibeamten auf dem Land geführt wurden. Die Studie zeigt, dass sich die niederländische Polizei seit den 1980er Jahren allmählich aus dem ländlichen Raum zurückgezogen hat. Sie ist weniger sozial eingebettet, agiert hauptsächlich von außen, nicht als integraler Bestandteil der lokalen Gemeinschaft, und agiert im Allgemeinen reaktiv. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1092
 
 
8) Polizeiausbildung: Widerspruch zwischen Theorie und Praxis?
In diesem Artikel wird die Rolle der norwegischen Field Training Officers (FTOs) untersucht. Die in dieser Studie befragten FTOs beschrieben die Polizeiarbeit als eine körperliche Praxis und das anschließende Lehren und Lernen als körperorientiert. Die Analyse zeigt, dass die Reflexion über die Polizeiarbeit im Feld "nach innen gerichtet" ist. Der Artikel verortet diesen Fokus als ein Beispiel für die "Identitätsarbeit" der FTOs als Widerstand gegen die institutionellen Anforderungen im Zusammenhang mit der Hochschulbildung. Der Artikel erörtert, wie der Zweck der Ausbildung vor Ort und der Zweck der polizeilichen Hochschulausbildung eine "Identitätsspannung" mit sich bringen, die zu einem hervorstechenden Problem hinsichtlich eines gemeinsamen und ganzheitlichen Verständnisses des Zwecks der polizeilichen (Hochschul-)Ausbildung führen kann. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1093
 
 
9) WHO-Plattform zu Todesursachen
Einen Ländervergleich in Bezug auf Tote pro 100.000 Einwohner, Alter und Todesursachen kann man auf der WHO-Plattform „WHO Mortality Database. Interactive platform visualizing mortality data” durchführen. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1094
 
 
10) Bodycams erhöhen die Effektivität von Polizeiarbeit
Die Forschung zu Bodycams hat in den letzten Jahren stark zugenommen. In dieser Studie werden die Effizienz lokaler Polizeibehörden und die Auswirkungen von Bodycams untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen der Bodycams auf die Effizienz zwischen vier und sechs Prozentpunkten liegen und Kameras dazu beitragen können, die Effizienz der Polizei zu verbessern. https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/10575677241229672
 
 
11) Organisierte Kriminalität: Eine empirische Untersuchung
Die Studie beschäftigt sich mit dem Umgang der Rechtsprechung mit dem schillernden Begriff der OK. Der Begriff legt die Vermutung nahe, dass ihm eine strafrechtliche Relevanz zukommt, was aber nicht der Fall ist. Der medialen Berichterstattung und den Lagebildern des Bundeskriminalamtes über organisierte Kriminalität ist zudem zu entnehmen, dass die Strafverfolgungsbehörden in nicht geringem Maße mit der Bekämpfung der organisierten Kriminalität beschäftigt sind. https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/zstw-2023-0014/html
 
 
12) Leistungsmanagement in der Polizei
Frühere Studien deuten auf eine zunehmend risikobasierte Logik des Leistungsmanagement in der Polizeiarbeit hin, bei der die Verbrechensbekämpfung im Mittelpunkt steht. In diesem Artikel wird analysiert, wie präventiv arbeitende Polizeibeamte auf diese Veränderungen reagieren und ihre Praxis weiterentwickeln. Es wird empirisch untersucht, wie wissensbasierte Polizeiarbeit in der polizeilichen Kriminalprävention eingesetzt wird, welche Dilemmata sich daraus ergeben und wie sich eine risikobasierte Logik auf die Praktiken der Polizei auswirkt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Beziehungen und das Machtgleichgewicht innerhalb der Polizeiorganisation aufgrund der Anforderungen der datengesteuerten polizeilichen Praxis ändern. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1095
 
 
13) Polizeikontrollen in Frankreich: Ansätze für Teufelskreise
In Frankreich hat die Forschung gezeigt, dass sich die Identitätskontrollen auf junge Männer aus ethnischen Minderheiten konzentrieren, die in städtischen Gebieten leben. Auf der Grundlage von zwei Forschungsprojekten werden Erfahrungen mit Polizeikontrollen analysiert. Obwohl das Verhalten der Polizeibeamten in den meisten Fällen als höflich bezeichnet wird, ist die Lockerung der professionellen Standards dennoch beträchtlich und bei jungen, männlichen und Minderheiten angehörenden Personen besonders ausgeprägt. Es finden sich Ansätze für einen Teufelskreis. Die Gefahr einer "Polizeistoppfalle" liegt auf der Hand, da sich die gegenseitigen feindseligen Haltungen gegenseitig verstärken. Gezielte Polizeipraktiken untergraben das Vertrauen in die Polizei. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1096
 
 
14) Strafzweckpräferenzen bei Jura-Studierenden
Eine Studie zeigt, dass die seit 2007 in Tübingen erhobenen Daten dazu eine große Konstanz und Stabilität haben, wobei die Mittelwertzustimmung zu den Strafzwecken „Abschreckung“, „Besserung“ und „Aufrechterhaltung der Normtreue“ gegenüber „Vergeltung“ und „Opfergenugtuung“ deutlich und stetig größer ausfällt. Ein Vergleich von männlichen und weiblichen Befragten zeigt zudem, dass Frauen bei allen Strafzwecken höhere Zustimmungswerte vergeben, dieser Unterschied bei „Opfergenugtuung“ aber besonders deutlich ausfällt. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1097
 
 
15) Internationale Ansätze zur Leistungsmessung der Polizei
Eine niederländische Studie will Erkenntnisse darüber gewinnen, wie verschiedene Polizeien Leistungsmessung betreiben und welche Erkenntnisse diese Ansätze für die Verbesserung der polizeilichen Leistungsmessung liefern können. Neben den Niederlanden werden Strukturen in England und Wales, Israel, Nordrhein-Westfalen (Deutschland), Seattle (Vereinigte Staaten) und Schweden untersucht. https://repository.wodc.nl/handle/20.500.12832/3315
 
 
16) Über Jahre DNA-Tests gefälscht?
Bei einer internen Überprüfung wurden Unregelmäßigkeiten bei der Auswertung von DNA-Proben im US-Bundesstaat Colorado entdeckt. Der möglicherweise größte Skandal in der Geschichte der forensischen DNA-Tests stürzte das Strafrechtssystem von Colorado ins Chaos. Der Staat wird 3.000 DNA-Proben, die eine einzelne Mitarbeiterin getestet hatte, überprüfen und erneut testen müssen. Verteidiger schätzen, dass Tausende von Fällen betroffen sein könnten. Die Kosten allein für die Neuuntersuchungen belaufen sich auf 7,5 Millionen Dollar. http://www.polizei-newsletter.de/links.php?L_ID=1098
 
 
17) Fachtag „Perspektiven auf übermäßige polizeiliche Gewalt“ an der Goethe-Universität Frankfurt
Ein Jahr nach Veröffentlichung des Buchs „Gewalt im Amt“ veranstaltet das Team des Forschungsprojekts KviAPol am 29. Mai 2024 einen Fachtag zum Thema „Perspektiven auf übermäßige polizeiliche Gewalt“. Expert:innen aus Polizei, Justiz, Zivilgesellschaft und Wissenschaft werden in drei Panelsitzungen über Probleme und Lösungsansätze diskutieren. Der Fachtag richtet sich an ein interessiertes Fachpublikum aus den genannten Bereichen und Institutionen. https://kriminologie.uni-frankfurt.de