Polizei : Newsletter Nr. 38, März 2002

 1)   Privatgefängnisse
 2)   Telefonüberwachung steigt an
 3)   Warnsignale richtig erkennen
 4)   Bevölkerungsbefragungen als Mittel zur Polizeireform
 5)   Wer liefert was?
 6)   Studie zeigt erneut keinen Zusammenhang zwischen Viktimisierung und Verbrechensfurcht
 7)   Schwerpunktheft zum Thema Jugendkriminalität und städtische Gewalt in Frankreich
 8)   Zweifel am tatsächlichen Anstieg von Pädophilie
 9)   Ist Crime-Mapping erfolglos?
10)  Kriminologisches Journal „online“
11)  Mit „Xenophilia“ gegen Fremdenfeindlichkeit - Erlanger Geographen entwickeln PC-Spiel
12)  Kriegskinder-Projekt
13)  Personenerkennung per Biometrie
14)  Gangsymposium in Orlando
15)  Und das Letzte:
 
1) Privatgefängnisse
Eines der grössten Probleme des amerikanischen Strafverfolgungssystems ist die Überfüllung der dortigen Gefängnisse. Eine Lösung, die in den USA praktiziert wird, ist die teilweise oder vollständige Privatisierung dieser Einrichtungen. Eine us-weite Studie hat sich jetzt mit diesem Problem beschäftigt und Argumente und Fakten zusammengestellt. Die 94 Seiten-Broschüre "Emerging Issues of Privatized Prisons" (NCJ 181249) ist verfügbar unter http://www.ncjrs.org/pdffiles1/bja/181249.pdf und

http://www.ncjrs.org/txtfiles1/bja/181249.txt
 
 
2) Telefonüberwachung steigt an
In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2000 insgesamt 1.940 Telefonanschlüsse überwacht, fast 25% mehr als in Jahr zuvor. Zurückgeführt wird dieser Anstieg vor allem auf den Anstieg der Mobilfunkteilnehmer (von 22 Mio. im Jahr 1999 auf mehr als 50 Mio. im Jahr 2000). Rund zwei Drittel der überwachten Anschlüsse entfielen auf Beschuldigte, ein Drittel auf „andere Anschlussinhaber“. In 16,4% der Fälle wurde die gesetzliche Höchstdauer des Übverwachungszeitraumes von drei Monaten ausgenutzt, in 6,6% über die Zeit hinaus verlängert. Verstösse gegen das BtMG machten mehr als die Hälfte aller Überwachungen aus.
 
 
3) Warnsignale richtig erkennen
Ein 8-Seiten-Papier mit dem Titel "Early Warning Systems: Responding to the Problem Police Officer" beschäftigt sich mit Hinweisen und Warnsignale, aus denen man Polizeibeamte rechtzeitig erkennen kann, die Probleme mit ihrer Arbeit haben und möglicherweise zu Bürgerbeschwerden führen können. Quelle: http://www.ncjrs.org/pdffiles1/nij/188565.pdf or http://www.ncjrs.org/txtfiles1/nij/188565.txt. Im Zusammenhang damit ist eine Studie von Interesse die versucht, Risikofaktoren sowie Faktoren und Indikatoren, die einen möglichen Selbstmord von Polizeibeamten vorhersehbar machen, zusammen zu tragen. Sie zeigt, dass bei genügender Beachtung der entsprechenden Warnsignale durchaus solche Suizide verhindert werden können. Quelle: K. Mohandie, J.R. Meloy, Clinical and forensic indicators of “suicide by cop”. In: Journal of Forensic Sciences 45, 2, 2000, S. 384-389. Einen anderen Aspekt beleuchtet ein Beitrag, der sich mit dem in Europa wenig bekannten Phänomen des Selbstmordes durch Polizeibeamte beschäftigt. Die Studie untersucht die Wirksamkeit von nicht-tödlichen Maßnahmen bzw. den Einsatz von anderen als Schusswaffen bei Einsätzen gegen Personen, die durch Polizeibeamte Selbstmord begehen, also sich durch Polizeibeamte töten lassen wollen (suicide-by-cop). Nach Auswertung von 143 Fällen kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass 44% der Fälle, in denen keine Schusswaffe eingesetzt wurde, nicht mit dem Tod der Person endete, im Vergleich zu nur 11% der Fälle, in denen eine Schusswaffe eingesetzt wurde. Am erfolgreichsten bei der Verhinderung eines Todesfalles sind die Situationen, in denen der Polizeibeamte versucht, die Person mit eigenen physischen Kräften zu überwältigen, wobei diese Fälle auch diejenigen mit dem höchsten Risiko für die Beamten selbst sind. Quelle: R.J. Homant, D.B. Kennedy, Effectiveness of less than lethal force in suicide-by-cop incidents. In: Police Quarterly 3, 2, 2000, S. 153-171 (CJA 0960-33). Ebenfalls von Interesse zum Thema Krankheit und Gesundheit in der Polizei: Zwei Studien des britischen Home Office beschäftigen sich dem Problem der Abwesenheit durch Krankheit und der vorzeitigen Pensionierung, die durch Krankheit bedingt ist: Police Research Series Paper 143 - In Sickness and in Health: Reducing sickness absence in the police service; der gesamte Bericht findet sich unter http://www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/prs143.pdf , eine Zusammenfassung unter http://www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/prs143bn.pdf . Zur Pensionierung findet sich eine Zusammenfassung unter Briefing Note 3/01 - Managing Medical Retirements in the Police Service, http://www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/brf301.pdf.
 
 
4) Bevölkerungsbefragungen als Mittel zur Polizeireform
Unter diesem Titel hat das Vera Institute of Justice (www.vera.org) im Sommer 2000 einen Bericht vorgelegt, der sich mit der Möglichkeit beschäftigt, Bevölkerungsbefragungen zur Weiterentwicklung der Polizeiarbeit einzusetzen. Der 12-seitige Bericht kann über http://www.vera.org/publication_pdf/citizenssurveys.pdf im pdf-Format heruntergeladen werden.
 
 
5) Wer liefert was?
Für Beschaffungs-Verantwortliche: Das Standardwerk „Wer liefert was?“ ist seit kurzem kostenlos im Internet verfügbar: http://web.wlwonline.de
 
 
6) Studie zeigt erneut keinen Zusammenhang zwischen Viktimisierung und Verbrechensfurcht
In bundesdeutschen Studien konnte bereits mehrmals ein oftmals unterstellter Zusammenhang zwischen Opferwerden (Viktimisierung) und Verbrechensfurcht nicht nachgewiesen werden, zumindest wenn es um leichtere Straftaten und nicht-multible Viktimisierung geht (Opfer von schweren Straftaten oder Personen, die mehrmals Opfer einer Straftat wurden, haben allerdings sehr wohl eine höhere Verbrechensfurcht). Eine jüngst in den USA veröffentlichte Studie kommt nun (wie verschiedene andere dort zuvor auch) zu dem gleichen Ergebnis. Die Autoren untersuchen dabei die Wahrnehmungen von aus Korea stammenden Amerikanern und kommen zu dem Ergebnis, dass kulturelle Faktoren und die Dynamik, die mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe sowie mit ethnischen Konflikten zusammenhängt, entscheidend sind für die Erklärung von Verbrechensfurcht. Quelle: M. S. Lee, J.T. Ulmer, Fear of crime among Korean Americans in Chicago Communities. In: Criminology 38, 4, 2000, S. 1173-1206.
 
 
7) Schwerpunktheft zum Thema Jugendkriminalität und städtische Gewalt in Frankreich
Insgesamt fünf verschiedene Beiträge aus soziologischer Perspektive zu diesem Thema finden sich in einem Heft der Zeitschrift „Deviance et Societe“ (24, 4, 2000, S. 327-440). Die Beiträge gehen u.a. auch auf die Problematik der arabischen Jugendlichen in Frankreichs Vorstädten und die von ihnen ausgehende Gewalt ein. Quelle: D. Duprez, L. Mucchielle, P. Milburg u.a., Les désordres urbain: Regards sociologiques (CJA 0496-33).
 
 
8) Zweifel am tatsächlichen Anstieg von Pädophilie
Eine britische Studie, die sich u.a. auf Bevölkerungsbefragungen bezieht, wirft Bedenken auf, ob der in der jüngsten Zeit entstandene Eindruck, nach dem Pädophilie und Fälle des Kindesmissbrauchs ansteigen, tatsächlich richtig ist. Die Rolle der Medien sowie die insgesamt gestiegene Sensibilität für dieses Thema könnten dafür gesorgt haben, dass zunehmend auch leichtere Fälle verfolgt werden und insgesamt eine härtere Gangart bei der Justiz herrscht, die nicht unbedingt der Sache angemessen und nicht geeignet sein muss, die Kinder tatsächlich zu schützen, sondern durchaus auch die pädagogischen Möglichkeiten von Lehrern oder anderen Erwachsenen beschränken können. Quelle: D. West, Paedophilia: Plague or panic? In: Journal of Forensic Psychiatry 11, 3, 2000, S. 511-531 (CJA 0561-33).
 
 
9) Ist Crime-Mapping erfolglos?
Die inzwischen auch bei uns verfolgte Methode der elektronischen Steckkarten (Computerprogramme, die Tatorte und Informationen dazu verarbeiten), ist nicht automatisch erfolgreich. Eine Fallstudie in einem amerikanischen Polizeidepartment hat gezeigt, dass „operative“ Effekte dort nicht eingetreten waren. Als mögliche Gründe werden angeführt, dass keine entsprechende Infrastruktur vorhanden war, um das System optimal zu nutzen, dass insbesondere Informationen schlecht verbreitet wurden, Datenbanken nicht integriert waren und die Streifenbeamten keinen direkten, eigenen on-line-Zugang zu den Daten hatten. Quelle: P.K. Manning, Technology´s ways: Information technology, crime analysis and the rationalization of policing. In: Criminal Justice: The International Journal of Policy and Practise, 1, 1, 2001, S. 83-103.
 
 
10) Kriminologisches Journal „online“
Etwas versteckt unter http://www.rrz.uni-hamburg.de/kriminol/krimfram2.htm finden sich die Inhaltsverzeichnisse sowie die Zusammenfassungen der Beiträge der Zeitschrift Kriminologisches Journal vom 1985 bis 2000. Dort sind auch die Beiratsmitglieder (Vertreter der deutschen „kritischen“ Kriminologen) mit links zu ihren Homepages sowie ihre e-mail-Adressen aufgelistet.
 
 
11) Mit „Xenophilia“ gegen Fremdenfeindlichkeit - Erlanger Geographen entwickeln PC-Spiel
Asylbewerber und das Sylvesterfeuerwerk kosten jährlich nahezu den gleichen Betrag, nämlich 4,4 Milliarden Mark. Warum fassen sich Inder auf Bombays Straßen ans Ohrläppchen? Sicher nicht wegen der hygienischen Bedingungen. Vielmehr ist dies eine Form der Entschuldigung in Indien. Nur zwei von hundert Fragebeispielen aus "Xenophilia, dem interkulturelle Spiel über dich und andere", das vom Bayerischen Forschungsverbund für Regionalforschung im außereuropäischen Ausland (FORAREA) in Erlangen entwickelt worden ist. Die CD-Rom kann für 39 Mark beziehungsweise 49 Mark (CD-Rom und Informationsbroschüre) bei der Geschäftsstelle von FORAREA, Institut für Geographie, Kochstraße 4, 91054 Erlangen, bestellt werden. Zum Informieren und Ausprobieren steht eine Demoversion unter www.xenophilia.de im Internet.
 
 
12) Kriegskinder-Projekt
Kinder sind oftmals die ersten Opfer bei kriegerischen Auseinandersetzungen. Im letzten Jahrzehnt sind alleine 1.5 Millionen Kinder in Kriegen gestorben, vier Millionen haben bleibende Behinderungen davongetragen und 10 Millionen sind traumatisiert . Die Organisation War Child kümmert sich um diese „Kriegskinder“. Unter www.warchild.org stellt sie ihre Arbeit und ihre Projekte vor. U.a. findet sich auch eine eindrucksvolle Fotoausstellung unter http://www.warchild.org/artists/Ingushetia/index.html.
 
 
13) Personenerkennung per Biometrie
Von biometrischen Identifikationsverfahren erwarten wir Komfort im Alltag und Schutzmaßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit. An der Fachhochschule Gießen-Friedberg wurden in einem interdisziplinären Forschungsprojekt Zuverlässigkeit, Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz solcher Identifikationssysteme untersucht. Die Ergebnisse sind in einer Publikation nachzulesen, deren grundlegender Teil sich mit rechtlichen, humangenetischen und ethischen Aspekten beschäftigt. Im zweiten Teil werden die Verfahren dargestellt, und der dritte Teil ist den Perspektiven aus der Sicht der Nutzer und im Hinblick auf das ökonomische Potenzial gewidmet. Behrens, Michael; Roth, Richard (Hrsg.): Biometrische Identifikation – Grundlagen, Verfahren, Perspektiven; Vieweg-Verlag in der Reihe „DuD-Fachbeiträge“ Quelle: idw, Personenerkennung per Biometrie, 21.12.2001
 
 
14) Gangsymposium in Orlando
Vom 11. bis 13. Juni 2002 findet in Orlando, Florida, USA, das National Youth Gang Symposium statt. Auf der Webseite kann man sich nicht nur anmelden, sondern auch weiterführende Informationen zum Thema "Gang" finden: www.gangsymposium.org Quelle: Justice Information, 15.01.2002
 
 
15) Und das Letzte:
Der Kult vom Schlechten Geschmack: Schlechter Geschmack greift zunehmend in Japan um sich (natürlich ohne dass er als solcher begriffen wird): Die Tokio Schock Boys, essen lebende Skorpione http://www.t-shock.com/m-profile-e.html oder Trockeneis; für 10 US$ kann man in einer Tokioter Einkaufsmeile drei Minuten auf lebende Punching-Bälle einschlagen. Quelle: Zukunftsletter 2000x.de, September 2001 (www.2000x.de).