Polizei : Newsletter Nr. 68, Oktober 2004

 1)   Organisiert zur Veränderung: The Activist's Guide to Police Reform
 2)   Gemeinsame Aktion von Polizei und Providern gegen Kinderpornografie
 3)   Datenbank zur Kriminalprävention in Australien
 4)   Kriminelle Karrieren, die anhand von Gerichtsdaten rekonstuiert wurden, unterscheiden sich von solchen, die anhand von selbstberichteter Kriminalität nachgezeichnet wurden
 5)   Zusammenhänge zwischen Polizeigewalt und Polizeikultur
 6)   Verbleiben im Polizeidienst: eine Studie über Ausscheiden und Versetzung in zehn britischen Polizeien
 7)   Die Reichen werden reicher, die Armen werden beraubt: Ungleichheit von Viktimisierung verschiedener Bevölkerungsteile in den USA 1974-2000
 8)   Wirkung von Werbung
 9)   Soziales Umfeld von Gewalttaten
10)  Wodurch werden kriminelle Karrieren gestoppt oder verändert?
11)  Neues Präventionsinformationssystem
12)  Praxishandbuch  "Häusliche Gewalt gegen Frauen und gesundheitliche Vorbeugung"
13)  Projekt Einbruchsprävention: Erste Ergebnisse
14)  Wirtschaftskriminalität und Korruption
15)  Studie zur Organisation der Sozialhilfe
16)  Eine Buchvorstellung der anderen Art: Ein Roman als „Sachbuch“
 
1) Organisiert zur Veränderung: The Activist's Guide to Police Reform
Organisiert zur Veränderung: The Activist's Guide to Police Reform stellt den Befürwortern Strategien vor,  mit deren Hilfe sie ihre Polizei-Dienststellen der Vision einer Gemeinwesen-zentrierten (community–centered) Polizeiarbeit näherbringen können.  Das Handbuch beschreibt die praktischen Grundlagen einer Auswahl von traditionellen und ausgefallenen  Förderungsstrategien, u.a. Umgang mit Medien und Verwaltungsbehörden sowie Rechtsgrundlagen. Es stellt Beispiele jeder fremdfinanzierten Strategie im Sinne der Polizeireform  vor.  Vollständiger Bericht: 146 Seiten http://www.policylink.org/pdfs/PoliceAdvocacy.pdf Quelle: Police Accountability Newsletter September 2004
 
 
2) Gemeinsame Aktion von Polizei und Providern gegen Kinderpornografie
Im August wurde eine bundesweite Initiative gegen Kinderpornografie im Internet vorgestellt. Die gemeinsame Initiative von Polizei, namhaften Providern wie zum Beispiel AOL, MSN oder T-Online und den Nachrichtenportalen Spiegel Online sowie Focus Online, ist unter www.polizei-beratung.de/aktionen/kinderpornografie abrufbar. Sie klärt über Kinderpornografie auf, gibt wertvolle Tipps, benennt Hilfseinrichtungen

und Ansprechpartner und informiert, welche Schritte für jeden Einzelnen möglich sind, der mit entsprechenden Inhalten im Internet konfrontiert wird. S. www.polizei.propk.de, eMail: zgs@polizei.propk.de .
 
 
3) Datenbank zur Kriminalprävention in Australien
Die australische Regierung hat über das AIC in Canberra eine elektronische Dokumentation über die in Australien zwischen 1990 und 2002 durchgeführten Projekte der Kriminalprävention eingerichtet. http://www.aic.gov.au/research/cvp/register/
 
 
4) Kriminelle Karrieren, die anhand von Gerichtsdaten rekonstuiert wurden, unterscheiden sich von solchen, die anhand von selbstberichteter Kriminalität nachgezeichnet wurden
Das meiste Wissen über Delinquenz-Karrieren stammt aus amtlichen Registern. Die Studie Aufsatz vergleicht Schlussfolgerungen über Delinquenz-Karrieren aus Überweisungsdokumenten an Gerichte (court referrals) mit solchen, denen Dokumente selbst berichteter Kriminalität zugrunde lagen. Die analysierten Daten stammen aus dem „Seattle Social Development Project“, einem Längsschnittsurvey mit 808 Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren. Die Häufigkeit der Straffälligkeit nimmt im Alter von 12-13 Jahren stark zu, wahrscheinlich auf Grund des Widerwillens der Jugendgerichtsbarkeit in den USA, sich mit sehr jungen Straffälligen zu befassen. Die individuelle Häufigkeit, straffällig zu werden, nimmt laut der „Selbstberichte“ (self-reports) mit dem Lebensalter zu, während sie in den Gerichtsüberweisungen eher gleich bleibend war. Ein junges Eintrittsalter in die Kriminalität lässt auf Basis beider Datenquellen die Vorhersage einer große Zahl von Straftaten zu. Ein Grund dafür könnte sein, dass sehr junge Straffällige, die an die Gerichte überwiesen wurden, eine Gruppe von Personen mit besonders extremen Merkmalen darstellen. Im Ergebnis erbringt die auf „Selbstberichten“ basierende Forschung zu Kriminalitätskarrieren andere Schlussfolgerungen als jene, die auf amtlichen Daten basiert. Quelle: David P. Farrington, Darrick Jolliffe, J. David Hawkins, Richard F. Catalano, Karl G. Hill, and Rick Kosterman: "Comparing Delinquency Careers in Court Records and Self-Reports," In: Criminology, Vol. 41 (3), August 2003, pp. 933-958.
 
 
5) Zusammenhänge zwischen Polizeigewalt und Polizeikultur
Die Forschung ging bisher von einem Zusammenhang zwischen Polizeikultur und Gewaltanwendung durch Polizeibeamte aus, obwohl noch keine empirischen Studien dazu vorlagen. Nach dieser Studie, der Daten über die Polizeien von Indianapolis, Indiana, und St. Petersburg, Florida, zugrunde lagen, neigen Polizeibeamte, welche die Werte der jeweiligen Polizeikultur stark verkörpern, auch stärker zu gewalttätigen bzw. nötigendem Verhalten. Dies legt nahe, dass in polizeilicher Gewaltneigung unterschiedliche Einstellungen zur Polizeikultur zum Ausdruck kommen. Quelle: William Terrill, Eugene A. Paoline III, and Peter K. Manning: "Police Culture and Coercion," In: Criminology, Vol. 41 (4), November 2003, pp. 1003-1034.
 
 
6) Verbleiben im Polizeidienst: eine Studie über Ausscheiden und Versetzung in zehn britischen Polizeien
Die meisten Ausscheidenden traten den Dienst aus positiven Gründen an, und viele waren immer noch mit einigen Seiten ihrer Arbeit zufrieden. Besonders gefiel ihnen die Vielseitigkeit der Arbeit. Die meisten waren mit den Management nicht zufrieden, fühlten sich nicht wertgeschätzt und hatten zuviel „Papierkram“ zu bearbeiten. Etwas mehr als die Hälfte der Versetzungswilligen (55%) gab als Begründung Umzugswünsche an. Einige Gruppen (Frauen, Beamte aus ethnischen Minderheitengruppen, Beamte auf Probe und Hochschulabsolventen) zeigten höhere Ausscheidungsraten. Im Vergleich zu Männern schieden Frauen in anderen Laufbahnstufen aus – wobei sie in den meisten Fällen häusliche Verpflichtungen angaben. Quelle: Findings 212 - Retaining officers in the police service: a study of resignations and transfers in ten forces (3 Seiten) http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs04/r212.pdf. Occasional Paper 86 - Retention of police officers: a study of resignations and transfers in ten forces (64 Seiten) http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs04/occ86.pdf
 
 
7) Die Reichen werden reicher, die Armen werden beraubt: Ungleichheit von Viktimisierung verschiedener Bevölkerungsteile in den USA 1974-2000
Ein Artikel von Thacher weist auf die ungleiche Viktimisierung verschiedener Bevölkerungsteile in den Vereinigten Staaten im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts hin. Auf der Grundlage einer nationalen Datenerhebung unter Kriminalitätsopfern wird gezeigt, dass der Kriminalitätsrückgang seit den frühen 70er Jahren Haushalte mit höherem Einkommen wesentlich stärker begünstigt, als arme Haushalte. Die Möglichkeit, Opfer einer Straftat zu werden konzentriert sich somit auf schlechter situierte Bevölkerungsgruppen, wobei der Deliktschwerpunkt zumeist auf Gewaltanwendung im Verwandten- und Bekanntenkreis liegt. Des Weiteren wird das Datenmaterial hinsichtlich möglicher Erklärungsansätze für diesen Trend untersucht. Für weitere Informationen siehe auch: Thacher, David: The rich get richer and the poor get robbed: Inequality in U.S. Criminal Victimization, 1974-2000. In: Journal of Quantitative Criminology (ISSN: 0748-4518). June 2004. Vol. 20 (Issue: 2). PP. 89-116. abstract unter http://www.kluweronline.com/article.asp?J=4934&I=26&A=1
 
 
8) Wirkung von Werbung
Unter dem Titel “Werbegestaltung und ihre Wirkung bei Radio- und TV-Spots“ ist vom ARD-Forschungsdienst in den “Media-Persektiven” 4, 2004, S.184-188 eine Zusammenstellung aktueller Forschungsergebnisse zu diesem Thema veröffentlicht worden. U.a. werden darin ein Forschungsbericht aus New York vorgestellt, in dem 100 Studien zur Effektivität von Werbung aus den letzten 20 Jahren referiert werden. Der Beitrag steht auch als pdf im Internet zur Verfügung: http://www.ard-werbung.de/mp/publikationen/fachzeitschrift/ Der Beitrag selbst wiederum enthält diverse links zu den Originalstudien.
 
 
9) Soziales Umfeld von Gewalttaten
Die Ergebnisse einer neuen Studie bestätigen, dass die Forschung über die Beziehung zwischen Gruppenzugehörigkeit und Viktimisierung von einem vom Vernetzungsgedanken ausgehenden Ansatz profitieren kann. Die Resultate zeigen, dass die Gruppen-Vernetzung die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Gewalttat zu werden, wesentlich erleichtert oder erschwert. Als zentrales und beliebtes Mitglied einer konventionellen Peer-Group ist man geschützter vor Gewalt. Bei delinquenten Peer-Groups ist es anders; hier wird man eher Opfer von Gewalt. Eine herausragende Stellung in einer delinquenten Gruppe bietet keine Sicherheit vor Gewalt; nach unseren Erkenntnissen ist es eher so, dass Mitglieder solcher Gruppen in Strukturen festsitzen, in denen sie eher das Ziel von Gewalttaten werden. In dieser Hinsicht täten Täter gut daran, sich von anderen Tätern so weit wie möglich fernzuhalten; denn die Resultate lassen den Schluss zu, dass Randmitglieder tendenziell sicherer leben. Quelle: C. Schreck, B. Fisher, J.A. Miller, The Social Context of Violent Victimization: A Study of the Delinquent Peer Effect. In: Justice Quarterly 21, 1, 2004, S. 23-47
 
 
10) Wodurch werden kriminelle Karrieren gestoppt oder verändert?
Aufnahme einer Arbeit , Hochschulabschluss, Eintritt ins Militär(!) und Heirat können zentrale Übergangsphasen sein, in denen bisherige Lebensgeschichten durch neue Beziehungen und Umstände umgestaltet werden können. Die Ergebnisse zeigen,  dass gut sozialisierte Arbeitskollegen zum Bruch mit früher aufgebauten delinquenten Verbindungen führen und werden in Verbindungen mit dem verminderten  kriminellen Verhalten Erwachsener gebracht. Quelle: J.P. Wright, F.T. Cullen, Employment, Peers, and life-course transitions. In: Justice Quarterly 21, 1, 2004, S. 183-205
 
 
11) Neues Präventionsinformationssystem
Das Deutsche Forum für Kriminalprävention sowie verschiedene Landespräventionsgremien und Landeskriminalämter haben das gemeinsam entwickelte Präventionsinformationssystem PrävIS vorgestellt. Ziel von PrävIS ist es, einen Überblick über konkrete Projekte und Initiativen zu schaffen. Das System umfasst dezentrale Erfassungsmodule und eine Internetdatenbank, die ausgewählte Daten aller mit PrävIS arbeitenden Gremien und Institutionen recherchierbar zur Verfügung stellt. Die Internetdatenbank kann über die Homepages der beteiligten Institutionen oder unter www.praevis.de aufgerufen werden. Quelle: DFK-Newsletter
 
 
12) Praxishandbuch  "Häusliche Gewalt gegen Frauen und gesundheitliche Vorbeugung"
Im Mai 2004 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugenddas Praxishandbuch 'Häusliche Gewalt gegen Frauen und gesundheitliche Versorgung' vorgestellt, das ein Ergebnis der vom Bundesministerium geförderten wissenschaftlichen Begleitung des Interventionsprojektes S.I.G.N.A.L. gegen Gewalt an Frauen ist. Die Ergebnisse des Projektes sollen mit Hilfe des Praxishandbuches Fachpersonal in Kliniken zu Gute kommen. Im Rahmen des S.I.G.N.A.L.-Projektes wurden Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte darin geschult, gewaltbedingte Verletzungen und Beschwerden zu erkennen, Verletzungen möglichst gerichtsverwertbar zu dokumentieren, Gefährdungssituationen zu klären und betroffene Frauen anzusprechen und über bestehende Hilfsangebote zu informieren. Zeitgleich zu dem Praxishandbuch wurde der wissenschaftliche Begleitbericht des Projektes veröffentlicht. Danach waren rund 36 Prozent der Befragten, die wegen Gewaltanwendungen in ärztlicher Behandlung waren, nach dem 16. Lebensjahr mindestens einer häuslichen Gewaltanwendung ausgesetzt, 57 Prozent dieser Personengruppe erlitten gesundheitliche Beeinträchtigungen. Weitere Informationen finden sich unter www.bmfsfh.de und unter www.bkfrauengesundheit.de. Auch das Handbuch sowie der wissenschaftliche Bericht sind im Internet abrufbar oder können bei der Broschürenstelle (Tel.: 0180 5329329) des BMSFSJ kostenlos bestellt werden. Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, eMail: poststelle@bmfsfj.de, Internet: www.bmfsfj.de Quelle: DFK-Newsletter
 
 
13) Projekt Einbruchsprävention: Erste Ergebnisse
Das Deutsche Forum für Kriminalprävention (DFK) wird anlässlich der SECURITY-Messe in Essen die Ergebnisse des von ihm bei Professor Dr. Feltes, Lehrstuhl für Kriminologie an der Ruhr-Universität Bochum, in Auftrag gegebenen Forschungsprojektes 'Wirksamkeit technischer Einbruchsprävention bei Wohn- und Geschäftsobjekten' vorstellen. Ziel des Projektes war es, Empfehlungen für die weitere Implementierung und Fortentwicklung präventiver technischer Maßnahmen der Einbruchsicherung zu erarbeiten und auf diese Weise dazu beizutragen, die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu erhöhen. Mit der vom Gesamtverband der Versicherungswirtschaft finanzierten Studie wird das Wissen über die Wirksamkeit technischer Einbruchsprävention aktualisiert und für konkrete Umsetzungen aufbereitet. Mittels empirischer Forschung wurden Erkenntnisse zur Motivation sowie zum Planungs- und Tatverhalten inhaftierter professioneller Täter gewonnen. Eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Prof. Dr. Feltes findet am 6. Oktober 2004, 14.00-16.00 Uhr, im Congress Center Essen (Ost), Saal Ruhr statt. Erste Berichte über das Projekt finden sich auf der website www.einbruchspraevention.de sowie im August-Heft des „forum kriminalprävention“, http://forum-kriminalpraevention.de/ (Beiträge von Astrid Klukkert und Thomas Feltes).
 
 
14) Wirtschaftskriminalität und Korruption
Zum Thema 'Prävention von Wirtschaftskriminalität und Korruption' wird das DFK den Bericht seiner Arbeitsgruppe 'Informationsrechte und Kriminalprävention' präsentieren. Der Bericht, an dem Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft, Justiz, Innenressorts und Datenschutz mitgearbeitet haben, zeigt realistische Optimierungsmöglichkeiten für die Kriminalprävention in der Wirtschaft auf und bietet einen umfassenden Überblick zu Informations- und Auskunftsquellen sowie den jeweiligen Zugangs- und Nutzungsvoraussetzungen. Den Messestand des DFK finden Sie in Halle 5, Stand 5-305.
 
 
15) Studie zur Organisation der Sozialhilfe
Im modernen Sozialstaat ist die öffentliche Sozialhilfe die zuständige Instanz der Armutsbearbeitung. Christoph Maeder und Eva Nadai untersuchen die Organisation der Sozialhilfe in kommunalen Verwaltungen. Sie zeigen, wie gesetzliche Vorgaben und allgemeine Grundprinzipien der Sozialhilfe umgesetzt und die Modalitäten der Unterstützung zwischen Sozialarbeitern und Klienten ausgehandelt werden. Für Polizeipraktiker/innen interessant dürfte diese Lektüre sein, um unkonventionelle Einblicke in die Institution des Sozialamts zu erhalten – eine Institution, deren Klienten oftmals die gleichen wie bei der Polizei sind. Das Buch ist im UVK Verlag Konstanz (2004) erschienen und kostet 29.- Euro; eine ausführliche Besprechung findet sich im Buchteil des PNL unter http://www.polizei-newsletter.de/Buchbesprechungen/Maeder.pdf
 
 
16) Eine Buchvorstellung der anderen Art: Ein Roman als „Sachbuch“
DBC Pierre, Jesus von Texas, Aufbau-Verlag, Berlin 2004, € 19,90

Manche Sachbücher verdienen diesen Titel nicht (ein Beispiel dafür wird an anderer Stelle vorgestellt), und manche Romane sind besser als viele Sachbücher. Ein solches Buch wird jedem empfohlen, der sich gleichzeitig an- und aufregend, satirisch und dennoch böse hintergründig über die amerikanische Gesellschaft, die Medien und den Umgang mit Abweichung dort ein (im wahrsten Sinn des Wortes) „Bild“ machen will. Eine ausführliche Besprechung des Buches findet sich auf der Bücher-Seite des PNL