Polizei : Newsletter Nr. 94, Februar 2007

 1)   Kriminelle Karrieren einer holländischen Verurteilungskohorte
 2)   Kriminalität , Gewalt und Alkohol
 3)   Einsatz von Gewalt durch weibliche Polizeibeamte
 4)   Informationen und Datenbanken zu Sexualstraftätern
 5)   Zusammenprall der Kulturen: Muslime und Christen
 6)   Webportal Viktimologie
 7)   Kriminelle Karrieren bis zum 50. Lebensjahr
 8)   Webportal Ausgleichende Gerechtigkeit
 9)   Freiburger Dokumentenserver
10)  Neue link-Liste des Instituts für Kriminologie in Tübingen
11)  Datenbanken und Forschungsdatenzentrum
12)  Landespolizeischule - ein "Enthüllungsbericht"?
13)  Kriminaltechnik - zwei neue Bände
14)  Berufswahl-Test "PolizistIn" im Internet
 
1) Kriminelle Karrieren einer holländischen Verurteilungskohorte
Eine sog. Länggschnittstudie befasst sich mit der Entwicklung kriminellen Verhaltens von der frühen Jugend bis zum späten Erwachsenenalter und basiert auf den Verurteilungsdaten einer Beispielgruppe von holländischen Kriminellen. Innerhalb der Lebensspanne von 12 bis 72 Jahren werden kriminelle Karrieren in ihrem Zeitverlauf, Gewohnheitstäter und ihre Vergehen sowie verschiedene Tätergruppen mit unterschiedlichen sozialen Profilen untersucht. Die Analyse basiert auf Verurteilungsdaten von holländischen Tätern aus der Criminal Career and Life Course Study. Vier Verlaufsgruppen wurden mittels eines semi-parametrischen, gruppenbasierten Modells ermittelt. Analysen zeigen, dass die Gruppe der "aktiven" Gewohnheitstäter auch im Alter von über 50 eine hohe Verbrechensrate zeigt. Quelle: R. L. Simons, L. G. Simons, C. H. Burt, G. H. Brody, C. Cutrona, Life Span offending of a Dutch conviction cohort, in: Criminology Volume 43 Number 4 2005, 919
 
 
2) Kriminalität , Gewalt und Alkohol
Viele empirische Studien haben eine starke positive Beziehung zwischen Alkoholkonsum und vielen Arten von Kriminalität und Gewalt festgestellt. Der augenfälligste kriminelle Zusammenhang besteht zu beeinträchtigtem Fahrvermögen, aber Alkoholkonsum steht auch in Zusammenhang mit Gewalt zwischen Personen und andere Vergehen einschließlich Angriffe, Sexualstraftaten, Gewalt gegen Lebenspartner und Totschlag. 1998 schätzte eine Studie die Kosten für Verbrechen im Zusammenhang mit Alkohol auf über 34 Milliarden US-Dollar und die Gesamtkosten von Alkoholmissbrauch auf über 184 Milliarden US Dollar. Nach neueren Schätzungen belaufen sich die Kosten für Verbrechen im Zusammenhang mit Alkohol und Drogen zusammen auf 55 Milliarden US Dollar. Forscher sind sich darüber einig, dass die Zusammenhänge zwischen Alkohol und Verbrechen komplex sind und wahrscheinlich durch individuelle, situations- und umweltbedingte Faktoren beeinflusst werden. Angesichts der Vielschichtigkeit der Problematik haben die Forscher die Beziehung sowohl auf individueller, kontextueller und politischer Ebene untersucht. Insbesondere haben sie die Umweltcharakteristika, die möglicherweise das Trinkverhalten und die sozialen Normen hinsichtlich Trinkens und kriminellen Verhaltens beeinflussen, beleuchtet. http://www.pire.org/topiclist2.asp?cms=61
 
 
3) Einsatz von Gewalt durch weibliche Polizeibeamte
Diese Untersuchung vergleicht den Einsatz von Gewalt bei weiblichen und männlichen Polizeibeamten in einer großen Vorort-Polizeidienststelle zwischen 1993 und 1999. Die Daten stammen aus Verhaftungsprotokollen (n = 31,778) und Berichten, die für jeden Fall von Gewaltanwendung (n = 1,863) erstellt wurden. Es ergab sich kein statistisch relevanter Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Beamten in der Anwendung von Gewalt bzw. körperlicher Gewalt ohne Waffeneinsatz. Quelle: Hoffman, P. B., & Hickey, E. R. (2005). Use of force by female police officers, in: JOURNAL OF CRIMINALJUSTICE, 33(2), 145-151. Eine andere Studie benutzt Daten aus Indianapolis und St. Petersburg (US). Sie untersucht verbale und physische Zwangsmaßnahmen, die Polizistinnen im alltäglichen Zusammentreffen mit Bürgern anwenden. Die Ergebnisse dieser Studie stellen die fundamentalsten Stereotypen gegen weibliche Polizeibeamte in Frage. Entgegen der althergebrachten Annahme sind sie (verglichen mit ihren männlichen Kollegen) nicht abgeneigt, Zwangsmaßnahmen anzuwenden, und Untersuchungen von verbaler und körperlicher Gewalt zeigen kaum Unterschiede. Quelle: Paoline. E. A., & Terrill, W. (2004). Women police officers and the use of coercion, in: WOMAN & CRIMINAL JUSTICE, 15(3/4), 97-119.
 
 
4) Informationen und Datenbanken zu Sexualstraftätern
Eine Studie geht der Frage nach, ob die Veröffentlichung von Informationen zu und Daten von Sexualstraftätern Auswirkungen auf die Bevölkerung hat. Sie vergleicht dazu die kognitiven, emotionalen und Verhaltensreaktionen von Gemeindemitgliedern, die Benachrichtigungen erhalten haben, mit denen, die keine erhalten haben. Die Ergebnisse zeigen, dass Benachrichtigungen über Sexualstraftäter das wahrgenommene Viktimisierungsrisiko signifikant beeinflussten, aber keine wesentliche Auswirkung auf die Viktimisierung hatten. Quelle: Beck, V. S., Clingermayer, J., Ramsey, R. J., et al. (2004). Community response to sex offenders. JOURNAL OF PSYCHIATRY & LAW, 32(2), 141-168. Online Beispiele für solche Datenbanken und Suchsysteme: http://12.17.79.6/ (Citizen Icam, Chicago), http://www.meganslaw.ca.gov/index.aspx?lang=ENGLISH (für Kalifornien) und http://www.nsopr.gov/ (National Sex Offender Public Registry). Ein weiterer Artikel über die negativen Auswirkungen auf die Täter bei solchen Systemen: Tewksbury, R., Collateral consequences of sex offender registration. Journal of Contemporary Criminal Justice 21, 1, 2005, S. 67-81; Levenson, J.S., Cotter, L.P., The effect of Megan's Law on sex offernder reintegration. In: Journal of Contemporary Criminal Justice 21, 1, 2005, S. 49-66
 
 
5) Zusammenprall der Kulturen: Muslime und Christen
Eine vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin http://www.diw.de/ herausgegebene Arbeit untersucht die Entwicklung ethnischer Identitäten von zwei wichtigen und unterschiedlichen Religionsgruppen von Immigranten. Dabei geht es um den Anpassungsprozess von Muslimen und Christen in Deutschland. Christen passen sich demnach der deutschen Gesellschaft leichter an als Muslime. Immigranten, die in ihrem Heimatland schon zur Schule gingen und bei der Einreise schon älter waren und auch muslimische Frauen bleiben ihrem Herkunftsland stärker verbunden. Muslimische Frauen integrieren und assimilieren sich weniger und sondern sich mehr ab als muslimische Männer. Quelle: Amelie Constant, Liliya Gataullina, Klaus F. Zimmermann, Laura Zimmermann, Clash of Cultures: Muslims and Christians in the Ethnosizing Process. Berlin 2006 http://www.diw.de/deutsch/produkte/publikationen/diskussionspapiere/docs/papers/dp628.pdf
 
 
6) Webportal Viktimologie
Das internationale englischsprachige Webportal "International Victimology" wurde verlagert und ganz neu gestaltet: http://www.victimology.nl/ Die Neuerung steht unter anderem im Zusammenhang mit der Eröffnung eines ganz neuen Instituts für Internationale Viktimology an der Universität Tilburg (INTERVICT). http://www.tilburguniversity.nl/intervict/ (Danke an H.-J. Kerner)
 
 
7) Kriminelle Karrieren bis zum 50. Lebensjahr
Das Home Office hat gerade einen statistischen Bericht über Rückfälligkeit von Verurteilten herausgebracht. Er betrifft die "Sanktionskohorte" 2003 und vergleicht die Betroffenen u.a. nach Strafentlassenen/Verurteilten zu Community Services, Alter, Deliktsart, Anzahl der Vorstrafen, und Höhe der Strafen. Die Darstellung enthält Tabellen und anschauliche Graphiken. http://www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs06/hosb2006.pdf
 
 
8) Webportal Ausgleichende Gerechtigkeit
In einem neuen Internetportal werden unter dem Titel "Ausgleichende Gerechtigkeit", den Gedanken von Restorative Justice umsetzend, grundsätzliche Informationen zu RJ, Mediation in Strafsachen und Täter-Opfer-Ausgleich bereitgestellt. Zu den aktuellen Informationen gehört ein Angebot zur Konfliktschlichtung, verbunden mit einer Suchmaschine für Anfragende, die Auskunft über regional bereit stehende Konfliktschlichter gibt, sowie verbunden mit einem Servicetelefon für Täter-Opfer-Ausgleich. http://www.ausgleichende-gerechtigkeit.de/ (Danke an H.-J. Kerner)
 
 
9) Freiburger Dokumentenserver
Der Freiburger Dokumentenserver ist ein Dienst der Universitätsbibliothek Freiburg, mit dem wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht werden können. Dazu zählen neben Dissertationen und Habilitationen auch Aufsätze, Proceedings, Research Papers, Reports usw. Die Arbeiten werden von der Universitätsbibliothek dauerhaft archiviert, erschlossen und im Online-Katalog bibliographisch nachgewiesen. http://www.freidok.uni-freiburg.de
 
 
10) Neue link-Liste des Instituts für Kriminologie in Tübingen
Das Tübinger Institut hat seine Linkliste über deutsche, deutschsprachige und internationale Institutionen, Vereinigungen und Dokumentationen sowie Quellen zu Kriminologie und verwandten Bereichen komplett überarbeitet, zahlreiche tote Links nach Möglichkeit auf die neu recherchierte Fundstelle umgestellt, neue Links aufgenommen und, vor allem beim Vereinigten Königreich (England etc.), Nordamerika (USA und Kanada) sowie Australien, deutlich stärker als bisher Differenzierungen eingebaut: http://www.ifk.jura.uni-tuebingen.de/www.html
 
 
11) Datenbanken und Forschungsdatenzentrum
Einen Gesamtüberblick über das Forschungsdatenzentrum erhält man unter http://www.forschungsdatenzentrum.de/ Hier kann man sich auch für den Newsletter der Forschungsdatenzentren des Bundes und der Länder registrieren oder sich über das aktuelle Datenangebot informieren. Daneben findet man den Nutzungsantrag zum Download sowie Metadaten zu allen angebotenen Materialien. Informationen zum Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten findet man unter http://www.ratswd.de. Hier findet man auch die Forschungsdaten- und Servicezentren außerhalb der amtlichen Statistik und deren Mikrodatenangebote für die Wissenschaft sowie eine aktuelle Dokumentation der Arbeit des Rates. Grundlegende, aggregierte Informationen und Produkte des Statistischen Bundesamts findet man im Internet unter http://www.destatis.de. (Danke an H.-J. Kerner)
 
 
12) Landespolizeischule - ein "Enthüllungsbericht"?
Der Buchautor und ehemalige Polizeianwärter Martin Hamann beschreibt ausführlich u.a. das Bewerbungsverfahren mit Eignungstests, die Ernennung zum Polizeianwärter, die Ausbildung , die Kündigung, das Gerichtsverfahren mit Auszügen des Verwaltungsgerichtes und weitere Berichte über verschiedene Polizeibehörden Deutschlands. Überdies werden "Interne Machenschaften" (so die Verlagsankündigung) einer Polizeischule aufgezeigt, somit könnte das Buch für Politiker das Werk interessant sein, da die internen Strukturen an Polizeischulen anscheinend alles andere als transparent sind. Der Autor hat eine Website zum Buch " Landespolizeischule- der Enthüllungsbericht" errichtet: http://www.martin-hamann.de. "Landespolizeischule- der Enthüllungsbericht", ISBN: 393969102X, 263 Seiten Verlag: Peters, Bettina; 2006
 
 
13) Kriminaltechnik - zwei neue Bände
Die beide Bände "Kriminaltechnik" in der Reihe "Lehr- und Studienbriefe Kriminalistik / Kriminologie" des Verlages Deutsche Polizeiliteratur erschienen in der entscheidenden Umbruchphase der polizeilichen Fachhoch- und Hochschullandschaft, spiegeln aber auch diesen Spagat zwischen Verberuflichung und Professionalisierung wieder. Der Autor unternimmt den mutigen aber letztlich undankbaren Versuch, Studierende und Praktiker mit den allgemeinen Begriffen und Definitionen sowie den besonderen Methoden und Verfahren in der Kriminaltechnik, wie der Spurensuche und -sicherung, in besonders kurzer und verständlicher Art vertraut zu machen. Eine ausführliche Besprechung des Buches findet sich im Polizei-Newsletter unter http://www.polizei-newsletter.de/online_documents_german.php Weihmann, Robert: Kriminaltechnik I und II, in der Reihe: "Lehr- und Studienbriefe Kriminalistik / Kriminologie", Bd. 2, 1. Aufl., Verlag Deutsche Polizeiliteratur Hilden 2005, 128 / 110 Seiten. Kartoniert jew. 14,90 EUR, ISBN: 3-8011-0515-6 bzw. ISBN: 3-8011-0515-4
 
 
14) Berufswahl-Test "PolizistIn" im Internet
Jetzt kann jeder in nur 30 Minuten im Internet erfahren, ob der Polizeiberuf zu ihm passt. Nordrhein-Westfalen entwickelte als erstes Bundesland einen kostenlosen Test, der bei der so schwierigen Berufswahl hilft. Der Selbst-Test soll den polizeilichen Alltag näher bringen. Die Fragen gehen auf die unterschiedlichsten Arbeitsbereiche der Polizei ein: Angefangen beim Verkehrsunfall und dem PKW-Aufbruch über den Vermisstenfall bis hin zur erfolgreichen Festnahme ist der Fragenkatalog bunt gemischt. Alle aktuellen Informationen zum Selbsttest, den Bewerbungs- und Einstellungsvoraussetzungen, zur Online-Bewerbung und zum Auswahlverfahren können Interessierte im Internet unter www.polizeiberuf-nrw.de abrufen.