Nr. 302, Dezember 2025
 
3) Strafverteidigung auf dem KI-Prüfstand
Strafverfolgungsbehörden haben das Potenzial von KI-basierten Anwendungen entdeckt und planen derzeit die Nutzung der sich hierdurch bietenden Möglichkeiten innerhalb der Grenzen der europäischen KI-Verordnung zusehends intensiver. Zum Teil sind derartige Tools, etwa zur Erkennung von gefälschten Identitätspapieren, bereits im Einsatz. Insofern die abschließende Bewertung der Ergebnisse vor der strafjustiziellen Verwendung Spezialisten überlassen bleibt, die auch die dem Auswerteprozess zugrundeliegende automatisierten Mechanismen bei ihrer Evaluation nachvollziehbar einbeziehen, ist diese Entwicklung zunächst wertneutral. Kommt es im Ermittlungs- und Hauptverfahren jedoch zu einer einseitigen Kräfteverschiebung, weil Strafverteidigung in ihren Möglichkeiten als Korrektiv in einer durch KI veränderten Strafverfolgung mangels Expertise oder Unklarheit hinsichtlich der technischen Funktionsweise der verwendeten Tools benachteiligt wird, entstehen bedenkenswerte Komplikationen, die ein lesenswerter Gastbeitrag bei LTO aufgreift, bspw. die Frage, ob und inwieweit KI-erzeugte, musterbasiert auf Wahrscheinlichkeiten aufbauende Ergebnisse, algorithmische Verzerrungen etc. mit der strafprozessualen Wahrheit und dem Fair-Trial-Grundsatz vereinbar sind oder ob es ggf. neue, u. U. legislativ ergänzte Checks and Balances braucht. Das gilt umso mehr, als nicht selten ein Ungleichgewicht bei der KI-Kompetenz zwischen Sicherheitsbehörden und Verteidigung herrscht - https://t1p.de/e6yt1